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Recht

Was genau ist ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)?

Können Praxis- oder Klinikmitarbeiter innerhalb eines Jahres sechs Wochen oder länger nicht zur Arbeit erscheinen, weil sie krank sind, schreibt das Gesetz eine solche Maßnahme vor. Ihr Ziel ist es, den genauen Grund für die Fehlzeiten herauszufinden und bei Bedarf die Arbeitsbedingungen gesundheitsfreundlicher zu gestalten. Die gesetzliche Grundlage liefert Paragraf § 167 Absatz 2 des Neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Danach sollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeiten ausloten, „wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann“.

 Wie muss ein BEM strukturiert sein?

Zunächst muss der Arbeitnehmer von seinem Chef eine förmliche Einladung erhalten. Dieses Schreiben müssen Arbeitgeber mit größter Sorgfalt formulieren. Schon kleine Fehler können dazu führen, dass die Einladung und damit das gesamte BEM als unwirksam gilt. Wichtig ist es zum einen, dass der Arbeitnehmer erfährt, dass die Teilnahme am BEM für ihn freiwillig ist und er auch eine bereits erteilte Zustimmung jederzeit widerrufen kann (BAG, Az. 2 AZR 47/16).

Zudem müssen Arbeitgeber schon in der Einladung konkret beschreiben, dass es im Verfahren darum geht, Ursachen für gesundheitliche Probleme zu ermitteln und Wege zu finden, weitere Ausfälle zu vermeiden. Es ist unbedingt darauf hinzuweisen, welche Daten im Rahmen des BEM erhobenen und verwendet werden (BAG, Az. 2 AZR 170/10).

Worüber wird beim Betrieblichen Eingliederungsmanagement gesprochen?

Das BEM an sich besteht meist aus einem oder mehreren persönlichen Gesprächen zwischen dem Chef und dem gesundheitlich angeschlagenen Mitarbeiter. Dabei gilt es zu klären, was die Erkrankungen ausgelöst hat und wie sich weitere Beeinträchtigungen in der Zukunft vermeiden lassen. Soweit vorhanden, müssen auch der Betriebsrat und der Betriebsarzt, eine Vertrauensperson nach Wahl des Arbeitnehmers und gegebenenfalls die Schwerbehindertenvertretung an den Gesprächen teilnehmen.

Kann ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen, wenn er nicht am Betrieblichen Eingliederungsmanagement teilnehmen will?

Eine formale Kündigungsvoraussetzung ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement zwar nicht. Da der Arbeitgeber vor einem Rauswurf aber erst alle milderen Mittel ausschöpfen muss, empfiehlt es sich in jedem Fall, zu einem BEM zu laden. Hat der Chef eine Einladung verschickt und der Arbeitnehmer die Durchführung des BEM verweigert, darf dem Arbeitnehmer daraus aber kein Nachteil erwachsen (vgl. Az. 2 AZR 170/10).  Praxis- und Klinikmitarbeiter, die ein BEM dauerhaft verweigern, müssen also nicht befürchten, dass ihnen das in einem Kündigungsschutzverfahren zum Nachteil gereicht.

 Gibt es auch Fälle, in denen ein BEM entbehrlich ist?

Ja, aber selten. Die Arbeitsgerichte erlauben einen Verzicht nur dann, wenn der Arbeitgeber darlegen kann, dass es auf keinen Fall dazu beigetragen hätte, neuen Ausfallzeiten oder dem Andauern der Arbeitsunfähigkeit entgegenzuwirken (BAG, Az. 2 AZR 565/14).