Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Medizinrecht

Es ist der Albtraum jedes Arztes und jedes Elternpaares – dass bei der Geburt etwas schiefgehen und das Kind nicht gesund sein könnte. Wenn jedoch nicht das Schicksal, sondern menschliches Versagen für einen solchen Geburtsfehler verantwortlich sind, entzündet sich in der Regel ein langwieriger, emotionaler – und meist sehr teurer – Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang. Auch im aktuellen Fall ging es um die Frage der Arzthaftung.

Kind erleidet Sauerstoffmangel

So war es auch im Fall eines Mädchen aus Niedersachsen. Das Kind hatte bei der Geburt eine Sauerstoffunterversorgung erlitten und war mit einem schweren Hirnschaden zur Welt gekommen. An ein selbstbestimmtes Leben ist deshalb nicht zu denken. Das Mädchen wird Zeit seines Lebens auf Hilfe angewiesen sein. Etwa 45 Minuten vor der Entbindung war die Herzfrequenz des Feten sehr stark abgefallen war, das CTG zeichnete für etwa 10 Minuten weder die Herzschläge der Mutter noch des Kindes auf.

Nach Ablauf dieser zehn Minuten erfasste das Gerät wieder einen Herzschlag mit normaler Frequenz, so dass die anwesenden Ärzte davon ausgingen, dass das Kind sich wieder erholt habe. Tatsächlich handelte es sich allerdings um den Herzschlag der Mutter. Als man den Irrtum später bemerkte, hatte das Mädchen durch die Sauerstoffunterversorgung bereits schwere Schäden davongetragen.

Fatale zehn Minuten begründen Behandlungsfehler

Das Oberlandesgericht Oldenburg erkannte darin einen groben Behandlungsfehler und bezog sich bei seiner Entscheidung auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen. Die behandelnden Ärzte hätten sich angesichts des Verdachts auf einen kindlichen Herzfrequenzabfall auf andere Weise davon überzeugen müssen, dass es dem Kind gut geht, etwa durch eine Kopfschwartenelektrode; keinesfalls hätte man sich angesichts der bedrohlichen Situation über einen Zeitraum von zehn Minuten mit einem nicht aussagekräftigen CTG zufriedengeben dürfen.

Das inzwischen acht Jahre alten Mädchen erhält daher eine halbe Million Euro 500.000 Schmerzensgeld. Die beklagte Klinik und die beklagte Ärztin sind verpflichtet, ihm sämtliche Vermögensschaden zu ersetzen, die ihr aus den Kunstfehlern anlässlich ihrer Geburt entstanden sind oder zukünftig entstehen werden (OLG Oldenburg, Az. 5 U 108/18).