Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Recht

Die beteiligten Ärztinnen und Ärzte übernahmen ab 2014 im Nebenjob immer wieder Dienste als Notärztin oder Notarzt. Grundlage waren Vereinbarungen zwischen ihnen und den Trägern des öffentlichen Rettungsdienstes. Dabei gingen die Beteiligten davon aus, dass die Tätigkeit freiberuflich beziehungsweise selbstständig erfolgen sollte. Während des Dienstes arbeiteten die Ärztinnen und Ärzte mit Personal der Kläger beziehungsweise Kommunen zusammen und nutzten deren Mittel, insbesondere Notarztfahrzeuge.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte in allen Fällen eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Notärzte mit der Begründung fest, die Ärztinnen und Ärzte seien in den öffentlich-rechtlichen Notarztdienst eingegliedert gewesen. Dagegen klagten die Betroffenen.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen

In den Vorinstanzen hat nur ein Kläger Erfolg gehabt (B 12 KR 29/19 R). Das Landessozialgericht hat argumentiert, die engmaschige Eingliederung des Notarztes sei den Vorschriften des öffentlichen Rettungsdienstes geschuldet. Zudem habe er nicht das Personal und die Mittel des klagenden Landkreises als Träger des Rettungsdienstes, sondern der betroffenen Stadt genutzt. In den beiden anderen Fällen hat das zuständige Landessozialgericht im Grundsatz eine Versicherungspflicht aufgrund Beschäftigung mit der Begründung bejaht, die Ärztinnen und Ärzte seien in die Strukturen des Trägers des Rettungsdienstes eingegliedert gewesen und hätten dessen Personal sowie Mittel genutzt.

Die Entscheidung des Bundessozialgerichts

Das Bundessozialgericht hat nun Klarheit geschaffen und die Versicherungspflicht bestätigt (Az: B 12 KR 29/19 R, B 12 R 9/20 R, B 12 R 10/20 R, Urteile vom 19.10.2021). Ausschlaggebend für das Urteil der Richter war, dass die Ärztinnen und Ärzte während ihrer Tätigkeit als Notärztin und Notarzt in den öffentlichen Rettungsdienst eingegliedert waren. Sie unterlagen damit Verpflichtungen, so die Richter, die eindeutig für die Versicherungspflicht sprechen.

Dazu gehört zum Beispiel die Pflicht, sich während des Dienstes örtlich in der Nähe des Notarztfahrzeuges aufzuhalten und nach einer Einsatzalarmierung durch die Leitstelle innerhalb einer bestimmten Zeit auszurücken. Dabei ist es dem Gericht zufolge unerheblich, dass dies durch öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgegeben ist. Zudem nutzten sie überwiegend fremdes Personal und Rettungsmittel. Dass es sich dabei in einem Fall nicht um Rettungsmittel des betroffenen Landkreises als Arbeitgeber, sondern der Stadt handelte, rechtfertige keine andere Entscheidung, so die Richter. Denn der Arzt setzte jedenfalls keine eigenen Mittel in einem wesentlichen Umfang ein.

Nur wenige Anhaltspunkte für selbstständige Tätigkeit

Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit fielen demgegenüber nicht entscheidend ins Gewicht. Dass die Beteiligten davon ausgingen, die Tätigkeit erfolge freiberuflich beziehungsweise selbstständig, ist laut Urteil angesichts der Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung der Tätigkeit irrelevant. Zudem konnten die Ärztinnen und Ärzte nur dadurch ihren Verdienst vergrößern und damit unternehmerisch tätig werden, indem sie mehr Dienste übernahmen. Während der einzelnen Dienste – und nur darauf kommt es an – hatten sie insbesondere aufgrund ihrer Eingliederung in eine fremde Organisation keine Möglichkeit, ihren eigenen Gewinn durch unternehmerisches Handeln zu steigern.

Inwieweit auch unter Beachtung von § 23c Absatz 2 Satz 1 SGB IV Sozialversicherungsbeiträge nachzufordern sind, war nicht Gegenstand der Verfahren.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 7 Abs. 1 SGB IV Beschäftigung

  1. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
  2. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

§ 23c Abs. 2 Satz 1 SGB IV Sonstige nicht beitragspflichtige Einnahmen (gültig ab 11. April 2017)

Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst sind nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten neben

1. einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder

2. einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung ausgeübt werden.