Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht

Es ist nicht nur ärgerlich für die Praxisorganisation, wenn Patienten einen vereinbarten Termin platzen lassen, sondern auch ein wirtschaftliches Problem für den niedergelassenen Arzt. Denn Ärzte können abgesagte Termine in der Regel schnell weitergeben – allerdings nur, wenn vorher abgesagt wird. Taucht der Patient einfach nichtin der Praxis auf, handelt es sich auch wirtschaftlich um verlorene Zeit.

Doch einen generellen Anspruch auf Ausfallhonorare haben Ärzte und Therapeuten trotzdem nicht, wenn Patienten sie einfach versetzen und den vereinbarten Termin nicht rechtzeitig absagen. Gerichte begründen diese Haltung meistens damit, dass die Terminvergabe in einer Praxis in erster Linie der internen Organisation dient. Aus rechtlicher Sicht bedeutet ein Termin als solcher also nicht unbedingt, dass Patient und Arzt bzw. Therapeut bereits eine verbindliche Behandlungsvereinbarung geschlossen haben. Und ohne “Vertrag” hat der Arzt keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Patienten dürfen Termine platzen lassen

Hinzu kommt, dass Vertragsärzte die Behandlung gesetzlich versicherter Patienten ohnehin nur in Ausnahmefällen ablehnen dürfen, wohingegen diese jederzeit und fristlos den Behandlungsvertrag kündigen dürfen. Das können sie theoretisch auch tun, indem sie ihren Termin einfach nicht wahrnehmen.

Diese für Ärzte und Therapeuten eher unerfreuliche Sichtweise ist allerdings nicht in Stein gemeißelt. Praxisinhaber, die vorausschauend planen, können sich unter bestimmten Bedingungen nämlich doch ein Ausfallhonorar sichern.

Ausfallhonorar setzt schriftlichen Vertrag voraus

Voraussetzung dafür ist, dass der Arzt einen Schaden nachweisen kann. Dafür braucht es zunächst eine schriftliche Vereinbarung mit dem Patienten. Dieser Behanldungsvertrag sollte eben auch beinhalten, dass der Termin exklusiv freigehalten wird und bis wann eine Terminabsage möglich ist, ohne dass ein Ausfallhonorar fällig wird.

So urteilen Gerichte beim Thema Geltendmachung

Diese Vorgehensweise empfiehlt jedenfalls das Amtsgericht Bielefeld: „Mit einem Patienten kann vereinbart werden, dass er im Falle einer kurzfristigen Terminabsage oder eines unentschuldigten Nichterscheinens, Schadensersatz in Höhe des vereinbarten Honorars zu leisten hat. Handelt es sich zudem um eine Bestellpraxis, die nur aufgrund von Terminen Behandlungen ausführt, ergibt sich der Anspruch ebenfalls aus § 615 BGB aufgrund Annahmeverzugs des Patienten. Dies hat das Gericht in einem Urteil zu diesem Thema bestätigt (Az. 411 C 3/17).

Auch das Amtsgericht Fulda hat beim Thema Ausfallhonorar bereits zugunsten eines Arztes entschieden (Az. 34 C 120/02):  Hat der Patient den Termin nicht rechtzeitig abgesagt, besteht ein Anspruch auf Vergütung nur, wenn der Arzt vorher darauf hinweist, dass seine Praxis eine Bestellpraxis ist und die reservierten Termine in Rechnung gestellt werden können, wenn nicht mindestens 24 Stunden vorher eine Absage erfolgt.

Was Ärzte bei entstandenem Schaden tun können

Auch das Landgericht Berlin erlaubt es Ärzten Therapeuten und Zahnärzten grundsätzlich, ein Ausfallhonorar zu verlangen. Allerdings muss die zugrundeliegende Vereinbarung einige besondere Anforderungen erfüllen: Sie ist nur wirksam, wenn dem Patienten eine Entlastungsmöglichkeit für unverschuldetes Nichterscheinen eingeräumt wird. Fehlt ein solcher Hinweis, stellt die Vereinbarung eine unangemessene und einseitige Benachteiligung des Patienten dar und ist damit im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zulässig (Az. 55 S 310/04).

Damit ist zugleich gesagt, dass die Vereinbarung nicht im Kleingedruckten versteckt sein darf. Praxisinhaber sollten sie vielmehr jeden Patienten beim Erstkontakt unterschreiben lassen und das Papier selbst gegenzeichnen. Besonders groß dürfte die Wirkung eines solchen Vertrages sein, wenn Patienten zudem bei jeder weiteren Terminvereinbarung von der Helferin daran erinnert werden.

Sinnvoll ist es zudem, eine konkrete Summe in die Vereinbarung zu schreiben. Deren Höhe kann je nach Fachrichtung und Praxis allerdings stark variieren. Wer unsicher ist, welcher Betrag angemessen ist, sollte sich von einem Medizinrechtler beraten lassen.

Konkreter Schaden

Damit ein Gericht ein Ausfallhonorar als rechtens anerkennt, ist zudem erforderlich, dass dem Arzt durch den abgesagten Termin wirklich ein Leerlauf und damit ein Schaden entstanden ist. Dazu muss er beweisen, dass er die unerwartete Freizeit nicht für andere Patienten oder Verwaltungsaufgaben nutzen konnte. Bei Hausarztpraxen, bei denen das Wartezimmer stets aus allen Nähten platzt, ist das erfahrungsgemäß schwieriger, als bei reinen Bestellpraxen.

Surftipp:

Wie eine gerichtsfeste Vereinbarung zum Ausfallhonorar aussehen kann, ist in einem Urteil des Amtsgericht Nettetal nachzulesen (Az. 17 C 71/03; Rz.5).