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Recht
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Was passiert mit dem Vermögen ohne Erben?

Manche Ärztinnen und Ärzte sehen sich mit der Situation konfrontiert: Nach vielen Berufsjahren ist ein beträchtliches Vermögen gebildet worden, ein künftiger Erbe ist aber nicht vorhanden. Mangels eigener Kinder besteht darüber hinaus bei manchen der Wunsch, das Vermögen nicht an entfernte Verwandte zu vererben. Diese würden nach dem Verwandten-Erbrecht erben – sofern sie ihre Verwandtschaft mit dem Erblasser nachweisen können, keine näheren Verwandten zum Zeitpunkt des Erbfalls vorhanden sind und keine wirksame Verfügung des Erblassers von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) vorliegt. 

Wie schützt eine Stiftung vor ungewollten Erben?

Wenn nicht gewünscht ist, dass Verwandte als gesetzliche Erben das Vermögen übernehmen, bietet sich die Gründung einer Stiftung an, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke fördert. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass engste Familienangehörige – das sind der Ehegatte beziehungsweise der eingetragene Lebenspartner, die Kinder und in bestimmten Fällen die Eltern – einen Pflichtteil beanspruchen können, selbst wenn sie vom Erblasser enterbt worden sind. Während die Möglichkeit der Gründung einer gemeinnützigen Stiftung der breiten Bevölkerung hinreichend bekannt ist, sind Stiftungen, die mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen, weit weniger bekannt. Das deutsche Steuerrecht begünstigt die Errichtung all dieser Stiftungen, indem es die Vermögensübertragung auf sie unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei ermöglicht. 

Zur besseren Darstellung gehen wir von folgendem fiktiven Beispiel aus: Ein kinderloses Ärzte-Ehepaar, das kurz vor dem Renteneintrittsalter steht, betreibt eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft, die ein beträchtliches Betriebsvermögen hat. Darüber hinaus verfügen die beiden über ein erhebliches Privatvermögen, das aus mehreren Immobilien, beweglichem Vermögen, Wertpapierdepots und Bankguthaben besteht. Sie wünschen, einen Teil ihres Betriebs- und Privatvermögens noch zu Lebzeiten auf eine neu zu gründende steuerbegünstigte Stiftung zu übertragen, während der restliche Teil ihres Vermögens nach dem Ableben des letztversterbenden Ehegatten ebenfalls auf die Stiftung übergehen soll. 

Wie wird eine Stiftung gegründet?

Wie sollen die beiden Ehegatten nun vorgehen, damit ihre steuerbegünstigte Stiftung optimal errichtet wird? Als erstes sollte überlegt werden, welchen Zweck die betreffende Stiftung fördern wird. Zur Auswahl stehen:

  • gemeinnützige,

  • mildtätige oder

  • kirchliche Zwecke.

Gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich: Die Wahl des Stiftungszwecks

Unter gemeinnützigen Zwecken versteht das Gesetz (§ 52 Abs. 1 Abgabenordnung, AO) eine Förderung der Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet. § 52 Abs. 2 AO enthält einen umfangreichen Katalog von Zwecken, die dafür anerkannt sind. Hierzu gehören die Förderung von Wissenschaft und Forschung, der Jugend- und Altenhilfe, der Kunst und Kultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, des Tierschutzes, des Schutzes von Ehe und Familie, der Kriminalprävention etc. 

Mildtätige Zwecke werden nach § 53 AO gefördert, wenn Personen unterstützt werden, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer Personen angewiesen oder verarmt sind.

Kirchliche Zwecke werden gemäß § 54 AO unterstützt, wenn Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, gefördert werden. Zu beachten ist, dass nicht die Förderung jeder Religionsgemeinschaft steuerbegünstigt ist, sondern nur solche, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Hierzu gehören zum Beispiel die katholische und evangelische Kirche sowie jüdische Kultusgemeinschaften.

Die wichtigsten Schritte zur Stiftungsgründung

Sobald feststeht, welchen steuerbegünstigten Zweck die neue Stiftung fördern wird, sollte deren Satzung ausgearbeitet werden. Die Ausarbeitung bedarf gründlicher Überlegung, da sie darüber entscheiden wird, ob die Finanzverwaltung die Stiftung als steuerbegünstigt anerkennt. 

Das Gesetz (§ 81 BGB) legt Mindestanforderungen einer Stiftungssatzung vor: Diese muss schriftlich aufgestellt werden und mindestens den Namen der Stiftung, den Stiftungssitz, -zweck, das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorgane festlegen. Besondere Sorgfalt sollte auf die Formulierung des steuerbegünstigten Stiftungszwecks verwendet werden. Sobald der Entwurf der Satzung fertiggestellt ist, sollte dieser mit der zuständigen Stiftungsaufsicht und der Finanzbehörde abgestimmt werden.

Ablauf der steuerfreien Vermögensübertragung auf Stiftung

An die erfolgreiche Abstimmung schließt sich das Stiftungsgeschäft an. Dieses besteht aus einem Schreiben an die zuständige Stiftungsbehörde, das eine verbindliche Erklärung des Stifters enthält, eine privatrechtliche rechtsfähige Stiftung zu errichten und an dieser ein bestimmtes Vermögen zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu widmen, sowie eine Stiftungssatzung mit den bereits besprochenen Mindestbestandteilen. Erkennt die Behörde die Stiftungserrichtung an, wird diese rechtsfähig. Es folgt die Übertragung des Vermögens auf die Stiftung, das in der Stiftungssatzung vorgesehen worden ist.

Die Ärzte-Ehegatten aus unserem Beispiel könnten aus dem Privatvermögen das Wertpapierdepot und ein bestimmtes Kontoguthaben auf die gemeinnützige Stiftung übertragen und diese so mit dem notwendigen Vermögen zur Erfüllung des Stiftungszwecks ausstatten. Die Übertragung wird zivilrechtlich als eine Schenkung angesehen. Gleichwohl entsteht für diese Vermögensübertragung keine Schenkungssteuer, da das Gesetz (§ 13 Abs. 1 Nr. 17 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, ErbStG) Zuwendungen an steuerbegünstigte Stiftungen von der Schenkungsteuer freistellt.

Es wäre auch möglich, ein Grundstück aus dem Privatvermögen in das Stiftungseigentum zu übertragen, ohne dass eine Grunderwerbsteuer anfallen würde. Denn die Übertragung des Grundstücks wäre nach § 3 Nr. 2 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) grunderwerbsteuerfrei. Neben der Übertragung des Privatvermögens wäre es den Ärzte-Ehegatten nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 Einkommensteuergesetz (EStG) möglich, auf die Stiftung Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zum Buchwert zu übertragen, ohne dass diese Vermögensübertragung eine Versteuerung von stillen Reserven in dem übertragenen Betriebsvermögen nach sich ziehen würde.

Die Stiftungserrichtung noch zu Lebzeiten der Stifter hat den Vorteil, dass deren Wille tatsächlich so umgesetzt wird, wie sie es wünschen, und so eine „lebensfähige“ Stiftung entsteht. Das übrige Vermögen können die Ärzte-Ehegatten von Todes wegen auf die Stiftung als eine Zustiftung übertragen. Hierfür müssten sie die Stiftung als den Erben des letztversterbenden Ehegatten im Testament einsetzen. Nach dem Eintritt des Erbfalls wird das restliche Vermögen des letztversterbenden Ehegatten auf die Stiftung übergehen.

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