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Klinik

Allgemeine Geschäftsbedingungen, die einen Patienten zum Schadensersatz verpflichten, falls er einen vereinbarten Operationstermin absagt, sind in der Regel unwirksam. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts München hervor.

Im verhandelten Fall ging es um eine Patientin, die sich einer Magenballonbehandlung unterziehen wollte. Sie schloss mit einer Münchner Klinik eine entsprechende Wahlleistungsvereinbarung ab und machte anschließend auch gleich einen Termin zur Einsetzung des Ballons aus.

Schadensersatz für abgesagte OP laut AGB erlaubt

Um sich vor unnötigen Kosten durch kurzfristig abgesagte OPs zu schützen, hatte die Klinik in ihren Geschäftsbedingungen einen Passus zum Thema Schadenersatz eingebaut. Dort hieß es: Bei Absage oder Verschiebung eines durch den Patienten zugesagten Eingriffstermins erhebt die Klinik stets eine Verwaltungsgebühr von 60 Euro brutto sowie eine Stornogebühr. Sie sollte bei Absage weniger als 14 Tage vor dem Eingriff 40%,  innerhalb von 7 Tagen vor dem Eingriff 60%, innerhalb von 48 Stunden vor dem Eingriff oder bei Abwesenheit am Eingriffstag 100% des Gesamtrechnungsbetrags brutto betragen.

Schadensersatz bei Absage des OP-Termins durch die Patientin?

Zwei Tage vor dem geplanten Eingriff sagte die Patientin den OP-Termin zunächst telefonisch und dann sicherheitshalber auch noch schriftlich ab. Die Klinik verwies daraufhin auf besagte Klauseln in den Geschäftsbedingungen und stellte ihr für den Schaden eine Rechnung über einen Betrag in Höhe von von insgesamt 1.494 Euro, was 60 Prozent der verlangten Behandlungsgebühren entsprach. Die Beklagte zahlte den Betrag aber nicht. Die von der Klinik beauftragte Abrechnungsfirma klagte.

Gericht weist Klage der Geschädigten ab

Der zuständige Richter am Amtsgericht München wies die Klage in diesem Fall ab und erklärte die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klinik für unwirksam.

Zur Begründung führte er aus, dass die von der Klinik geforderte Stornogebühr den zu erwartenden Schaden deutlich übersteige. Die von der Klinik geforderte Entschädigung sei somit unangemessen hoch, da sie als Schadensersatz den gesamten Bruttobetrag plus eine Verwaltungsgebühr enthalte. Der Patient muss bei kurzfristiger Absage also mehr bezahlen, als er bei Durchführung des Eingriffs zu leisten hätte.

Ein solch hoher Schaden sei „völlig realitätsfern“ und offenkundig einseitig zugunsten der Klinik festgelegt, so der Richter. Die Klausel berücksichtige außerdem nicht, dass sich die Klinik im Fall einer Absage doch Aufwendungen für Medikamente und Verbrauchsmaterialien, Strom- und Reinigungskosten etc. spare. Somit werde der Patient hier unangemessen benachteiligt, so das Fazit.

Patient benötigt für Absage keine Gründe

Es sei allgemein anerkannt, dass eine Heilbehandlung ein gesteigertes persönliches Vertrauensverhältnis voraussetzt. Deshalb dürfe der Patient den Behandlungsvertrag auch jederzeit fristlos kündigen, ohne hierfür sachliche (oder gar wichtige) Gründe angeben zu müssen. Vielmehr müsse er jederzeit die Möglichkeit haben, frei darüber zu entscheiden, ob er einen Eingriff an seinem Körper oder in seine Gesundheit zulassen will. Das wirtschaftliche Interesse des Behandlers müsse dem gegenüber zurücktreten, so die Urteilsbegründung (Az.: 213 C 27099/15).