Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Permanente Arbeitsüberlastung, hoher Zeitdruck und immer mehr Bürokratie – so sieht der Berufsalltag vieler angestellter Ärztinnen und Ärzte in den Krankenhäusern aus. Inzwischen denkt jeder fünfte Klinikarzt darüber nach, seinen Job an den Nagel zu hängen. Das geht aus der repräsentativen Mitgliederbefragung MB-Monitor 2019 des Marburger Bundes hervor, an der sich bundesweit 6.474 angestellte Klinikärztinnen und -ärzte beteiligten.

Zu viel, zu lange, zu unflexibel

Vor allem das Thema Arbeitszeit macht den Kollegen zu schaffen. 41 Prozent von ihnen arbeiten zwischen 49 und 59 Stunden pro Woche, inklusive Dienste und Überstunden. 22 Prozent geben an, zwischen 60 und 80 Stunden pro Woche Dienst zu tun. Das ist zu viel.

Zwar erlaubt das Arbeitszeitgesetz durchaus Arbeitszeiten von 60 Stunden pro Woche, allerdings darf die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit nicht mehr als 48 Stunden betragen. Das heißt: Langen Tagen müssen zeitnah solche mit einer geringeren Arbeitszeit folgen. Das aber ist laut der Umfrage längst nicht immer der Fall: Nur 36 Prozent der Befragten gaben an, eine tatsächliche Wochenarbeitszeit von weniger als 49 Stunden zu haben.

Pausen sind Pflicht

Das Gros der Klinikärzte arbeitet demnach mehr, als das Arbeitszeitgesetz erlaubt. Doch nicht nur die wöchentliche Arbeitszeit wird oft überschritten. Auch die vorgeschriebenen Pausen geraten oft zu kurz oder entfallen. Gemäß § 4 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) müssen Kliniken ihren Mitarbeitern zudem bei einer Arbeitszeit von sechs bis neun Stunden pro Tag mindestens 30 Minuten gewähren. Wer länger im Dienst ist, dem stehen mindestens 45 Minuten Pause zu. Wann genau die Pause stattfindet, muss dabei vor Beginn der Arbeitszeit festgesetzt werden (LAG Köln, Az: 3 Sa 49/12).

Bei einem Verstoß gegen diese Vorgaben hat der Krankenhausträger gegebenenfalls Überstunden oder die gesamte Dienstzeit einschließlich der vorgesehenen Pausenzeiten gesondert zu vergüten (LAG Köln, A.: 5 Sa 376/13). Zudem müssen zwischen zwei Schichten mindestens zehn Stunden Auszeit liegen – damit hat das Klinikpersonal ohnehin schon eine Stunde weniger Zeit, sich zu regenerieren, als „normale“ Arbeitnehmer: Ihnen stehen laut Gesetz mindestens elf Stunden Pause zu.

Weniger Schlaf für Klinikärzte erlaubt

Und es gibt noch weitere, wichtige Sonderregeln für die Beschäftigten in Kliniken und Krankenhäusern. Zu nennen ist zunächst § 5 Abs.3 ArbZG. Darin ist zu lesen: „Abweichend von der Mindestruhezeit von elf Stunden können in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, Kürzungen der Ruhezeit durch Inanspruchnahmen während der Rufbereitschaft, die nicht mehr als die Hälfte der Ruhezeit betragen, zu anderen Zeiten ausgeglichen werden.“

Hat also ein Arzt bis 22 Uhr gearbeitet und danach noch zwölf Stunden Rufbereitschaft, darf er am nächsten Vormittag um zehn Uhr nur dann wieder arbeiten, wenn er während der Rufbereitschaft maximal sechs Stunden arbeiten musste.

Noch weiter geht § 7 Abs.2 Nr.1 ArbZG. Er erlaubt es sogar, im Fall einer auf den Dienstschluss folgenden Rufbereitschaft die Mindestruhezeit vollständig auszuhebeln. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Abweichung in einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zugelassen ist und, dass der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen entsprechenden Zeitausgleich gewährleistet wird. Und das bedeutet: Steigt die Arbeitszeit auf mehr als zwölf Stunden pro Tag, muss die Klinik im unmittelbaren Anschluss an die Beendigung der Arbeitszeit eine Ruhezeit von mindestens elf Stunden gewähren.

Wichtig: Das Arbeitszeitgesetz schützt nur angestellte Ärzte. Auf Chefärzte finden dessen Regelungen keine Anwendung. Auch Tarifverträge gelten für die Chefs in der Regel nicht.