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Die Idee an sich ist nachvollziehbar. Wenn ein Arbeitgeber seine Belegschaft innerhalb von kurzer Zeit um einen gewissen Prozentsatz reduziert, muss er die Agentur für Arbeit über sein Vorhaben informieren. Das normiert § 17 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG). Ziel der Regelung ist es, einer drohenden Erhöhung der Arbeitslosigkeit in der betreffenden Region entgegenzusteuern.

Was einfach klingt, erfordert in der Praxis allerdings eine akribische Vorbereitung und Ausführung. Denn die ordnungsgemäße Anzeige einer solchen Massenentlassung ist eine Wirksamkeitsvoraussetzung für die geplanten Kündigungen. Fehler machen die Kündigung also angreifbar und bewirken, dass Gerichte sie kippen können.

Arbeitgeber, die einen größeren Personalabbau planen, sollten sich daher intensiv mit den Vorgaben des §§ 17 KSchG beschäftigen und idealerweise frühzeitig einen spezialisierten Juristen involvieren.

Richtiges Zählen kann schwierig sein

Ob die geplante Personalmaßnahme als anzeigepflichtige Massenentlassung zu qualifizieren ist, bemisst sich anhand der Schwellenwerte, die in § 17 KSchG genannt sind. Der normiert in Absatz eins:

„Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

  1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
  2.  in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
  3.  in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer

innerhalb von 30 Kalendertagen entlässt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlasst werden.“

Diese Vorgaben klingen eindeutig, bergen aber einige Fallstricke.

Auch Geschäftsführer und Praktikanten gelten als Arbeitnehmer

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Grenzwerte ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) der Tag des Ausspruchs der Kündigungen (vgl. etwa BAG, Az. 2 AZR 60). Wann die Arbeitsverhältnisse enden, ist irrelevant.

Wichtig ist zudem, dass es bei der Ermittlung der Betriebsgröße nicht darauf ankommt, wie viele Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des geplanten Personalabbaus beschäftigt sind. Maßgeblich ist vielmehr die Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer. Sie kann höher oder niedriger sein als die Teamstärke zum Entlassungstermin. Hat ein Arbeitgeber – etwa in Zeiten von Corona – vorübergehend das Reinigungspersonal aufgestockt, um die Hygieneauflagen zu erfüllen, zählen diese Personen nicht mit.

Beachten sollten Arbeitgeber auch, dass im Zusammenhang mit der Massenentlassungsanzeige der sehr weitgefasste, unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff gilt. Deshalb sind nicht nur nur klassische Angestellte zu berücksichtigen, sondern auch Geschäftsführer (EuGH Rs. C-229/14), Praktikanten und Auszubildende.

Nicht einheitlich bewertet die Fachwelt hingegen, ob auch Leiharbeitnehmer mitgezählt werden müssen. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten Arbeitgeber vorsorglich die Berechnung einmal mit und einmal ohne Leiharbeitnehmer durchführen. Ergibt eine der Varianten eine Überschreitung des Schwellenwertes (z.B. bei 19 eigenen und vier regelmäßig beschäftigten Leiharbeitnehmern), ist es sinnvoll, zur Sicherheit ein Verfahren nach § 17 KSchG durchführen.

Wer bin ich, und wenn ja, wie viele?

Ein weiteres Problem kann sich ergeben, weil die Überschreitung der Schwellenwerte für jeden Betrieb gesondert zu ermitteln ist. Das kann relevant werden, wenn etwa ein MVZ oder eine Klinik mehrere, nur wenige Kilometer voneinander entfernte Niederlassungen mit unterschiedlichen Tätigkeitsschwerpunkten betreibt. Hier empfiehlt es sich, durch einen Anwalt prüfen zu lassen, ob ein einheitlicher oder zwei gesonderte Betriebe vorliegen.

Die Entscheidung ist auch deshalb so wichtig, weil die Massenentlassungsanzeige stets bei derjenigen Agentur für Arbeit einzureichen ist, in deren Bezirk der vom geplanten Personalabbau betroffene Betrieb liegt.

Liegen die zwei beiden Niederlassungen in den Zuständigkeitsbezirken verschiedener Arbeitsagenturen und ergibt eine Prüfung, dass sie als gesonderte Betriebe zu werten sind, raten Juristen deshalb, die Anzeige bei beiden Agenturen einzureichen und die Behörden auf dieses Vorgehen hinzuweisen. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Anzeige mit Eingang bei den Agenturen wirksam eingereicht ist (BAG, 2 AZR 276/16) und die anstehenden Kündigungen Aussicht auf Erfolg haben.