Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Chefärztinnen und Chefärzte genießen nach wie vor hohes Ansehen – nicht nur bei den (meisten) Patienten, sondern (idealerweise) auch im Kollegenkreis. In der Regel geht ihr guter Ruf vor allem auf ihr medizinisches Können zurück. Ihr Aufgabenbereich umfasst allerdings deutlich mehr als „nur“ die Behandlung von Patienten: Chefärzte tragen die ärztliche Gesamtverantwortung für ihre gesamte Abteilung. Und zwar in personeller, medizinischer und struktureller Hinsicht.

Umso erstaunlicher, dass ihr juristischer Status nicht klar definiert ist, sondern es einer Gesamtschau diverser gerichtlicher Grundsatzentscheidungen bedufte, um zu definieren, welche Regeln für sie gelten – und worin sich ihre rechtliche Stellung von dem anderen Kollegen unterscheidet.

Sind Chefärzte gewöhnliche Arbeitnehmer?

Klare Antwort: Ja. Zwar unterliegen Chefärzte in medizinischen Fragen keinerlei Weisungen von Seiten des Klinikträgers, bei dem sie beschäftigt sind. Allerdings darf die Verwaltung dem Chefarzt durchaus Vorgaben in Bezug auf organisatorische Angelegenheiten machen, also zum Beispiel den sparsamen Umgang mit Ressourcen anordnen oder eine beantragte Personalaufstockung verweigern. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) bereits in den 1960-er Jahren entschieden: Auch Chefärzte sind Arbeitnehmer, die von den grundsätzlichen Arbeitnehmerschutzrechten profitieren (BAG, Az. 2 AZR 255/60). Chefärzte genießen insbesondere Kündigungsschutz nach den Vorgaben des KSchG und haben Anspruch auf den gesetzlich vorgeschriebenen Mindesturlaub nach dem BUrlG.

Profitieren Chefärzte von den Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes?

Nein. Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG ist das Gesetz auf sie nicht anzuwenden. Angestellte Klinikärzte, die nicht Chefarzt sind, unterfallen ihm hingegen sehr wohl. Sie sollen daher im Normalfall nicht mehr als 48 Stunden pro Wochen arbeiten. In Einzelfällen kann die Arbeitszeit allerdings auf bis zu 60 Stunden pro Woche steigen, denn das Arbeitszeitgesetz erlaubt eine tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, wenn sichergestellt ist, dass sich die Durchschnittsbelastung innerhalb von sechs Monaten wieder auf acht Stunden pro Tag einpendelt.

Unterfallen Chefärzte den jeweils geltenden Tarifverträgen?

Normalerweise nicht, es sei denn, der individuelle Arbeitsvertrag zwischen Chefarzt und Klinik schreibt deren Anwendung ausnahmsweise vor.

Müssen Chefärzte Bereitschaftsdienste absolvieren?

Grundsätzlich nicht. Aufgabe von Chefärzten ist es lediglich, dafür zu sorgen, dass Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft für ihre Abteilung sichergestellt sind. Ausnahmsweise ist es aber denkbar, dass der Chefarztvertrag eine Teilnahme vorsieht, wenn dies erforderlich ist. Für solche Fälle gesteht das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Chefärzten allerdings das Recht zu, sich aus der regelmäßigen Rufbereitschaft zurückzuziehen, wenn ausreichend Kollegen zur Verfügung stehen, die die Dienste übernehmen können (LAG Baden-Württemberg, Az. 3 Sa 30/04).