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Klinik

Die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser hat sich im Jahr 2018 erneut verschlechtert. Zu diesem Ergebniss kommt die sechzehnte Ausgabe des “Krankenhaus Rating Report”. Er wurde gemeinsam vom RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und der Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit der Bank im Bistum Essen (BIB) und der HIMSS erstellt.

Die wichtigsten Ergebnisse

13 Prozent der Kliniken sind finanziell im roten Bereich und damit insolvenzgefährdet. Im Vorjahr waren es “nur” 11 Prozent. Immerhin 64 Prozent befinden sich im “grünen Bereich”. Die Ertragslage hat sich 2018 ebenfalls verschlechtert: 29 Prozent der Krankenhäuser schrieben auf Konzernebene einen Jahresverlust, 2017 waren es noch 27 Prozent.

Ausschlaggebend für die schlechtere wirtschaftliche Lage dürfte u.a. der erneute Rückgang der stationären Fallzahl im Jahr 2018 um 0,1 Prozent gewesen sein. Gründe hierfür könnten der zunehmende Fachkräftemangel und intensivere Prüfungen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) sein, verbunden mit einer zunehmenden Ambulantisierung der Medizin. In der Analyse des Jahres 2019 ist demnach mit einer weiteren Reduktion der stationären Fallzahl zu rechnen.

Weitere Ergebnisse

Große Krankenhäuser haben typischerweise ein besseres Rating als kleine, ein hoher Grad an Spezialisierung beeinflusst das Rating und die Patientenzufriedenheit positiv. Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft schneiden durchschnittlich besser ab als kommunale Kliniken. Regional fällt das Rating am schlechtesten in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern aus, signifikant besser in Ost-Deutschland.

Gleichwohl zeigt eine Sonderanalyse, dass schätzungsweise 40 Prozent der Landkreise instabile Krankenhausstrukturen aufweisen und sie damit in den kommenden Jahren Handlungsbedarf haben.

36 Prozent der Ärzte in Teilzeit

Auch im vertragsärztlichen Bereich gibt es große Veränderungen. Zwar arbeiten dort immer mehr Ärzte, allerdings hat der Anteil derjenigen mit Teilzeittätigkeit deutlich zugenommen: von 8 Prozent im Jahr 2009 auf 36 Prozent im Jahr 2019. Überdies arbeiten immer mehr ambulant tätige Ärzte in einem Angestelltenverhältnis. Im Jahr 2008 waren es 6 Prozent, im Jahr 2019 schon 22 Prozent.

Erstmals wurden im Report mehrere Einflussfaktoren auf die Zufriedenheit der Patienten mit der ärztlichen und pflegerischen Versorgung sowie die Frage nach einer Weiterempfehlung untersucht. Insgesamt fallen die Zufriedenheitswerte hoch aus, am besten sind sie in Ostdeutschland, gefolgt von Süddeutschland.

Freigemeinnützige Träger schneiden bei der Zufriedenheit mit der pflegerischen Betreuung besser als öffentlich-rechtliche und private Träger ab. Sie punkten auch bei der “Weiterempfehlung”. Der Stadt-Land-Vergleich zeigt: In städtisch geprägten Gebieten fällt die Zufriedenheit mit der ärztlichen Versorgung besser, mit der pflegerischen Betreuung indessen schlechter aus.

Investitionen

Die Fördermittel nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) lagen im Jahr 2018 bei 3,04 Milliarden Euro. Gegenüber dem Vorjahr lagen sie damit um 1 Prozent, gegenüber dem Jahr 2016 um 7,4 Prozent höher. Im langfristigen Trend sind sie aber zurückgegangen. Bezogen auf den Krankenhausumsatz beliefen sie sich im Jahr 2018 auf nur 3,4 Prozent (1991: rund 10 Prozent). Zum Erhalt der Unternehmenssubstanz sollten jährlich 7 bis 8 Prozent des Umsatzes in Investitionen fließen. Krankenhäuser schließen diese Lücke zum Teil aus eigener Kraft, was ihnen in jüngster Zeit aufgrund ihrer schwierigeren Ertragslage immer schlechter gelingt. Besonders freigemeinnützige Träger haben ein geringes Sachanlagevermögen.

Auswirkungen der Gesundheitspolitik

Die Gesundheitspolitik legt ein hohes Tempo bei der Reform des Gesundheitswesens vor. Im Durchschnitt wurde in der laufenden Legislaturperiode fast jeden Monat ein neues Gesetz beschlossen. Gegenüber dem Jahr 2018 ist für 2019 in der Summe über alle Maßnahmen der einzelnen Gesetze für Krankenhäuser ein finanzieller Netto-Effekt von etwa null zu erwarten. In diesem Jahr könnten die verschiedenen Stützungsmaßnahmen aus dem COVID-19-Gesetz – Stand 30. April 2020 – zu einem positiven Netto-Effekt führen, der jedoch im Jahr 2021 voraussichtlich größtenteils wieder entfällt, sodass spätestens 2022 wieder das “Normalniveau” erreicht wird. Für einzelne Krankenhäuser kann der Effekt jedoch sehr unterschiedlich ausfallen.

Ausblick

Die Ambulantisierung der Medizin dürfte sich beschleunigen. Die mit dem MDK-Reformgesetz initiierte Überarbeitung des Katalogs “ambulantes Operieren” und künftig mögliche sektorenübergreifende Vergütungsmodelle dürften neben Fortschritten in der Medizin dazu beitragen. Unter anderem weil die Arbeitsplatzsicherheit im Gesundheitswesen im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbranchen während und nach der COVID-19-Pandemie steigen dürfte, könnte sich der Personalmangel im Krankenhausbereich mittelfristig vorübergehend entschärfen. Langfristig bleiben die mit dem rückläufigen Nachwuchs verbundenen Herausforderungen indessen bestehen.

Bei den Fallzahlen ist für dieses Jahr wegen der Verschiebung von elektiven (aufschiebbaren) Fällen ein spürbarer einmaligen Rückgang von mindestens 6 Prozent zu erwarten. Annahme ist, dass nur 50 Prozent der verschobenen Elektivfälle im stationären Bereich dieses und kommendes Jahr nachgeholt werden. Spätestens ab 2022 gehen wir hinsichtlich der Fallzahlen von einer Rückkehr zum Status 2019 aus. Demografisch bedingt dürfte es bundesweit bis zum Jahr 2025 etwa 4 Prozent mehr Fälle geben. Würde das ambulante Potenzial ab 2019 schrittweise gehoben, wäre bis 2030 dagegen kaum noch mit einer Änderung der stationären Fallzahl zu rechnen. Bis zum Jahr 2030 dürfte zudem die Verweildauer weiter zurückgehen, sodass der Bedarf an Krankenhausbetten sinken würde.

Bei Fortschreibung des Status quo, eines steigenden Orientierungswertes und einem stärkeren Wachstum der Löhne würde der Anteil der Krankenhäuser im grünen Rating-Bereich von 64 Prozent bis 2025 auf 54 Prozent sinken. Eine vorübergehende wirtschaftliche Erholung könnte in den durch die Pandemie geprägten Jahren 2020 und 2021 zu erwarten sein.

Datengrundlage des “Krankenhaus Rating Report 2020” sind 515 Jahresabschlüsse von Krankenhäusern aus dem Jahr 2017 und 525 aus dem Jahr 2018. Sie umfassen insgesamt 942 Krankenhäuser mit einem am Umsatz gemessenen Marktanteil von 71 Prozent.