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Infografik der Woche

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kommen jedes Jahr Millionen von Patienten bei medizinischen Behandlungen zu Schaden. Auch in Deutschland sind Behandlungsfehler keine Seltenheit – erst kürzlich verstarb in Bielefeld ein 26-jähriger Patient aufgrund einer Medikamentenverwechslung. Die Definition von Behandlungsfehlern ist ziemlich breit gefächert; sie reicht von falschen Laborwerten, über Verwechslungen, bis hin zur Amputation der falschen Gliedmaßen. Die Folgen sind für Patienten natürlich dramatisch – und können Ärzte wirtschaftlich ruinieren.

14.553 fachärztliche Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) 2019 erstellt. In jedem vierten Fall wurde ein Fehler bestätigt. In jedem fünften Fall (2.953) bestätigte der MDK, dass der Fehler den vom Patienten erlittenen Schaden auch verursacht hat. Die Behandlungsfehlervorwürfe verteilen sich zu etwa einem Drittel auf den Bereich der ambulanten Versorgung und zu zwei Dritteln auf das Krankenhaus.

Behandlungsfehler: 4.665 Fälle im Bereich der Orthopädie

Daten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) zufolge wurden 2019 allein im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie rund 4.665 Fälle gemeldet. „Daraus sind aber keine Rückschlüsse auf die Sicherheit in den jeweiligen Bereichen möglich. Es ist vielmehr so, dass Patienten in diesen Fächern mögliche Fehler leichter erkennen können als in anderen“, erläutert Dr. Stefan Gronemeyer, leitender Arzt und stellvertretender Geschäftsführer des MDS. Weder die Anzahl der festgestellten Behandlungsfehler noch die Verteilung auf bestimmte medizinische Fachgebiete sind repräsentativ für das Versorgungsgeschehen. Im Bereich der Orthopädie und Unfallchirurgie konnten in knapp 30 Prozent der Fälle Fehler nachgewiesen werden.

Wie die Statista-Grafik zeigt, ist in Bezug auf die Fehlerquote, vor allem Pflege, ein sehr anfälliges Fachgebiet – hier bestätigten sich rund 60 Prozent der gemeldeten Behandlungsfehler.

Die Dunkelziffer der Behandlungsfehler und damit verbundenen Schäden ist allerdings viel höher, als die Grafik vermuten lässt. Anders als in vielen anderen europäischen Ländern existiert in Deutschland nämlich keine Fehlermeldepflicht, obwohl unter anderem der MDK diese schon länger fordert.

Spezielle Gutachterteams des MDK prüfen Vorwürfe von Behandlungsfehlern im Auftrag der gesetzlichen Krankenkassen. Die Gutachterinnen und Gutachter gehen dabei der Frage nach, ob die Behandlung nach dem anerkannten medizinischen Standard und in aller Sorgfalt abgelaufen ist. Liegt ein Behandlungsfehler vor, wird außerdem geprüft, ob der Schaden, den der Versicherte erlitten hat, durch den Fehler verursacht worden ist. Nur dann sind Schadenersatzforderungen aussichtsreich. Auf der Basis des MDK-Gutachtens können die Betroffenen entscheiden, welche weiteren Schritte sie unternehmen wollen. Versicherten entstehen durch die MDK-Begutachtung keine zusätzlichen Kosten.