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Abrechnung

Vor manchen Infektionen können Impfungen schützen. Sie sind also impfpräventabel, auch wenn Laien gerade bei Influenza behaupten, dass sie trotz Grippe-Schutzimpfung erkrankt seien. Natürlich besteht aufgrund der hohen Variabilität der Influenzaviren und der Vielzahl der Virusstämme das Risiko, dass eine Impfung aufgrund eines Mismatches nicht wirkt. Andererseits wird vielfach auch nicht differenziert, ob es sich um eine echte Grippe mit Influenzaviren oder aber um einen grippalen Infekt handelt, für den unter anderem Adenoviren, Rhinoviren oder auch Coronaviren die Auslöser sind.

Neu dazugekommen ist SARS-CoV-2, bei dem es sich ebenfalls um einen Coronavirus handelt. Vor SARS-CoV-2 war eine Differenzierung der Erreger eher von wissenschaftlichem und epidemiologischem Interesse, da in der Regel nur symptomatisch behandelt und die antivirale Behandlung bei Influenza eher selten eingesetzt wurde. Mittlerweile ist eine Differenzierung und gegebenenfalls Testung auf SARS-CoV-2 dringlich geboten. Denn es gibt bislang keine spezifische Behandlung und bis die Corona-Impfstoffe allen Bürgern zur Verfügung stehen, werden sicherlich noch Monate vergehen.

Die Konsequenzen übersehener COVID-19-Fälle sind massiv

Von der Symptomatik ist der schlagartige schnelle Fieberanstieg wegweisend für eine Influenza. Auch Myalgie, Fatigue und Gelenkschmerzen sind bei Influenza deutlich ausgeprägter als bei COVID-19. Kopfschmerzen kommen sowohl bei Influenza als auch bei der banalen Erkältung vor, aber fast nie bei COVID-19. Der Ausfall von Geruchs- und Geschmackssinn wird nur bei COVID-19 beschrieben. Dabei ist der unproduktive Husten zudem stärker ausgeprägt ist als bei Influenza. Doch auch wenn die Unterschiede klar scheinen, führt an der Testung betroffener Patienten kein Weg vorbei. Denn während ein Patient mit Influenza in der Regel so krank ist, dass er das Bett nicht verlässt und somit nur hausinterne Kontaktpersonen anstecken kann, kann COVID-19 auch asymptomatisch verlaufen. Gerade diese Infizierten verteilen aber SARS-CoV-2 vielfältig weiter, weil es ihnen ja gut geht.

25.100 Todesfälle in der Saison 2017/2018 durch Influenza

Die Grippesaison 2017/2018 war die stärkste der letzten 30 Jahre in Deutschland, nimmt man die Todesfälle als Maßstab. Bei COVID-19 kann nur vermutet werden, wie hoch die Todeszahlen pro Jahr wären, wenn man auf die getroffenen Maßnahmen verzichtet hätte. Sicher ist, dass die in der Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) aufgeführte Impfung gegen Influenza Risikopersonen schützen kann. Wie viele Todesfälle durch  die Grippe-Schutzimpfung verhindert werden, ist ebenfalls unklar.

Forschende am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin und am Institut Pasteur in Paris konnten aber nachweisen, dass Grippeerkrankungen, die zu Beginn der Corona-Pandemie saisonbedingt noch häufig waren, die Übertragung der SARS-CoV-2-Viren um das 2- bis 2,5-Fache erhöhen. Daher darf man den Einfluß der Grippesaison auf die Corona-Pandemie und die Bedeutung der Grippe-Schutzimpfung auf die weitere Entwicklung keinesfalls unterschätzen.

Wann wird die Grippe-Schutzimpfung verabreicht?

Die meisten Impfstoffe gegen Influenza werden einmal intramuskulär injiziert. Als Zeitraum wird die Zeit ab Oktober empfohlen, sodass man in der Hochphase der Influenzasaison gut geschützt ist. Die Influenzasaison 2019/2020 startete in der zweiten Kalenderwoche und war mit elf Wochen ungewöhnlich kurz. Die Impfungen sind entsprechend SI-RL mit einem Dokumentationsschlüssel gekennzeichnet:

  • 98911 für die Standardimpfung,
  • 98912 für die Indikationsimpfung und
  • 98912 Y für die berufliche oder Reiseimpfung nach § 11 Abs. 3.

Nach § 7 der SI-RL haben die Ärzte die zu impfende Person über die Impfung und die dadurch verhütbare Erkrankung, die möglichen Nebenwirkungen und das Verhalten nach der Impfung sowie nötige Auffrischungen zu informieren. Nach § 8 SI-RL zusammen mit § 22 des Infektionsschutzgesetzes müssen

  • das Datum der Schutzimpfung.
  • die Bezeichnung und Chargen-Bezeichnung des Impfstoffs,
  • der Name der Krankheit, gegen die geimpft wird,
  • sowie Namen und Anschrift der impfenden Ärztin oder des impfenden Arztes

dokumentiert und vom Arzt oder der Ärztin unterschrieben werden.

Honorar laut Impfvereinbarung

Das Honorar bestimmt sich nach den jeweils regional ausgehandelt Impfvereinbarungen. Für Baden-Württemberg als Beispiel variiert das je nach Kostenträger zwischen 7,00 und 7,60 € (Stand: 11/2020). Die Verordnung für diese Influenzaimpfung erfolgt als Sprechstundenbedarf (SSB) auf dem Vordruck gemäß Nr. 16 mit der Klartextangabe des Kostenträgers GKV BW. Die Identifikationsnummer ist für die vier Bezirksdirektionen unterschiedlich, hier muss der Vertragsarzt die Nummer der Bezirksdirektion eintragen, in der seine Betriebsstätte liegt.

Impfschutz gegen Influenza ist für alle Personen sinnvoll

Neben dem in der SI-RL genannten Personenkreis gibt es natürlich noch weitere gesetzlich versicherte Personen, bei denen eine Impfung gegen Influenza sinnvoll ist oder die diese wünschen. Dabei wird es knifflig. Denn für manche Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist die Impfung gegen Influenza Satzungsleistung. Das betrifft, um beim Beispiel Baden-Württemberg zu bleiben, Versicherte von AOK, Barmer, TK und etlichen weiteren Krankenkassen.

Bei diesen Personen wird die Impfung mit 89133 markiert und abgerechnet und das Honorar beträgt 8,10 € (Stand: 11/2020). Die KV ist aber berechtigt, die üblichen Verwaltungssätze davon abzuziehen. Ganz wichtig: Der Impfstoff darf nicht als SSB bezogen werden, sondern wird für jeden Patienten einzeln auf Formular Nr. 16 auf dessen Namen rezeptiert.

Grippe-Schutzimpfung richtig abrechnen bei Selbstzahlern

Wer nicht in der GKV versichert ist und unter die vorgenannten Regelungen fällt, für den ist die Schutzimpfung gegen Influenza nur als individuelle GesundheitsLeistung (IGeL) möglich. Dabei wird generell nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet. Um ein Honorar im Zweifelsfall auch erfolgreich juristisch einfordern zu können, muss ein IGeL-Vertrag vorliegen, der von Arzt und Zahlungspflichtigem unterschrieben ist. Die voraussichtlichen Kosten müssen in diesem Vertrag aufgelistet sein zusammen mit der GOÄ-Nummer, deren Legende und den Kosten.

  • Im einzelnen sind folgende GOÄ-Nummern abrechenbar, wobei jeweils der einfache Satz angegeben ist (Stand: 11/2020):
  • 1, Beratung, auch telefonisch, 4,66 €
  • 5, Symptombezogene Untersuchung, 4,66 €
  • 375, Schutzimpfung (i.m., s.c.), 4,66 €

In der Gesamtsumme ergibt das 32,16 € beim üblichen 2,3-fachen Satz. Der Impfstoff kann dem Impfling entweder vorher rezeptiert worden sein oder aber aus Praxisbestand entnommen und gemäß § 10 in Rechnung gestellt werden. Aber Achtung: Es ist nicht zulässig aus dem Sprechstundenbedarf Impfstoff für eine Satzungsleistung oder einen Selbstzahler zu entnehmen

Fazit

Wir wissen, dass in Deutschland in den vergangenen Jahren wesentlich weniger Personen gegen Influenza geimpft wurden, als dies nach der SI-RL sein sollte. Die letzten Jahre war dies für Erkrankte ein Problem, aber generell für das Gesundheitssystem verkraftbar. Zusammen mit SARS-CoV-2 könnte das in dieser Influenzasaison zu erheblichen Problemen führen. Denn wir wissen nicht, ob die medizinische Kapazität ausreicht, wenn beide Infektionswellen massiv verlaufen. Also ist die Grippe-Schutzimpfung essenziell.

Grippe-Schutzimpfung

Die Standardimpfung soll laut Schutzimpfungs-Richtlinie (SI-RL) ab dem 60. Lebensjahr erfolgen. Als Indikationsimpfungen werden die Impfungen bei folgenden Gruppen genannt:

  • Schwangere ab 2. Trimenon, bei Risiko ab 1. Trimenon
  • Chronisch Kranke ab dem sechsten Lebensmonat
  • Bewohner und Bewohnerinnen von Alten- und Pflegeheimen
  • Personen, die im selben Haushalt mit Risikopersonen leben oder diese betreuen

Außerdem nennt die SI-RL noch berufliche Indikation und die Reiseimpfung.

Autor: Dr. med. Ulrich Karbach