Herzinsuffizienz: Das unterschätzte Risiko bei Frauen
Marcus SefrinFür die Herzinsuffizienz gilt, dass sich bei Frauen Warnzeichen und Risikofaktoren von denen bei Männern unterscheiden. Zudem sind bei weiblichen Patienten spezielle Sonderformen zu beachten.
Bei den Krankenhausaufnahmen wegen Herzschwäche machen Frauen in Deutschland etwa die Hälfte aus, rund 224.000 Klinikeinweisungen sind es pro Jahr. Allerdings sterben mehr Frauen als Männer: Im Jahr 2022 waren es rund 23.000 Frauen und rund 15.000 Männer.
Geschlechtsspezifische Unterschiede in Anatomie und Symptomatik
Laut der Kardiologin Prof. Christiane Tiefenbacher, Wesel, gibt es bei der Herzinsuffizienz Unterschiede zwischen den Geschlechtern, die für die medizinische Versorgung von Frauen mit Herzerkrankungen relevant sind „und für die wir Frauen sensibilisieren müssen“, betont das Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung. Diese Differenzen würden sich insbesondere auf die Anatomie des Herzens (Herzgröße/Dehnbarkeit), Symptome, Risikofaktoren und geschlechtsspezifische hormonelle Ursachen beziehen.
Die Risikofaktoren Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes sind bei beiden Geschlechtern relevant für die Entstehung der Herzinsuffizienz. Doch Frauen seien durch Diabetes und den häufig damit verbundenen Bluthochdruck im Vergleich stärker gefährdet als Männer, mahnt Tiefenbacher zur Aufmerksamkeit beim Vorliegen dieser Kombination.
Insgesamt sind die Symptome der Herzinsuffizienz wie Atemnot, Müdigkeit oder Herzrhythmusstörungen bei Frauen in der Regel schwächer ausgeprägt als bei Männern mit Herzproblemen. Zudem können sie bei Frauen in der Menopause mit typischen Wechseljahres-Symptomen verwechselt werden. Die Gefahr dadurch ist, dass bei Frauen die Behandlung oftmals erst nach längerem Fortschreiten der Erkrankung einsetzt.
HFpEF: Die häufigere Form der Herzinsuffizienz bei Frauen
„Frauen leiden vermehrt an einer Störung der Dehnbarkeit des Herzens, also an diastolischer Herzschwäche“, erklärt Tiefenbacher. Denn anatomisch betrachtet sind die Herzen von Frauen kleiner und steifer als die der Männer und können deshalb schlechter mit Blut gefüllt werden. Diese Steifigkeit des Herzens nimmt im Alter zu und wird durch Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Diabetes begünstigt – auch ohne dass (wie oft bei der systolischen Herzinsuffizienz) ein Schaden am Herzmuskel selbst durch Myokardinfarkt oder eine Kardiomyopathie zugrunde liegen.
Die Prävalenz einer Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) ist bei Frauen mit einem Verhältnis von circa 2 : 1 höher als bei Männern.
Menopause als kardiovaskulärer Risikofaktor
Mit zunehmendem Alter werden die Herzen von Frauen steifer. Denn nach der Menopause kommt es durch den Verlust von gefäßerweiternd wirkenden Östrogenen zur Blutdrucksteigerung und zu vermehrter Bildung von Bindegewebe im Herzen. „Östrogen sorgt dafür, dass die Gefäße elastisch bleiben, wirkt entzündungshemmend und schützt vor arteriosklerotischen Ablagerungen“, verweist die Kardiologin Dr. Karin Rybak, Dessau, auf die vielfältigen Schutzwirkungen des Hormons. „Eine Hormontherapie kann den Mangel an körpereigenem Östrogen leider nicht ausgleichen“, so Tiefenbacher. Je früher die Menopause bei Frauen einsetzt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, an einer Herzinsuffizienz zu erkranken.
In Studien zeigte sich, dass Frauen mit einer vorzeitigen Menopause vor dem 40. Lebensjahr im Vergleich zu Frauen mit späterem Eintritt der Wechseljahre ein um 33 Prozent erhöhtes relatives Risiko für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz haben. Neben den sinkenden Östrogenspiegeln könnte dabei auch der Verlust der Ovarialfunktion mit resultierendem Anstieg bestimmter Entzündungsprozesse in den Gefäßen eine Rolle spielen.
Quelle:u. a. Deutsche Herzstiftung