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Allgemeinmedizin

Bei der chronischen Erkrankung GERD fließt der Mageninhalt samt Magensäure in die Speiseröhre zurück, was zu unangenehmen und die Lebensqualität einschränkenden Symptomen wie Sodbrennen und Aufstoßen sowie bei Kindern auch zu Erbrechen, Reizbarkeit und Anorexie führt. Außerdem können Komplikationen wie eine Speiseröhrenentzündung, Reizhusten, Heiserkeit, ein Barrett-Ösophagus oder langfristig auch Speiseröhrenkrebs auftreten. Ursächlich ist eine Insuffizienz des unteren Sphinkters der Speiseröhre. Eine ungesunde Lebensweise mit Alkoholgenuss, Rauchen und fettreicher Ernährung sowie Adipositas, aber auch die Einnahme bestimmter Medikamente können die Entwicklung einer GERD fördern. 

Ohrfunktion bei GERD gefährdet 

Daneben lassen neuere Studiendaten darauf schließen, dass der Säurereflux die Homöostase von Mittel- und Innenohr über die eustachische Röhre beeinträchtigt. Eine GERD könnte demnach zur Entstehung von Erkrankungen des Ohrs beitragen. Für Hörverlust, chronische Mittelohrentzündung und peripheren Schwindel gibt es bereits Untersuchungen, die darauf hinweisen. 

Eine Verbindung zu Tinnitus konnte jetzt eine Forschungsgruppe aus Südkorea in einer retrospektiven Kohortenstudie mit 669.159 Patienten aus der Korean Nationwide Cohort Database NHIS-NSC 2.2 (2002–2019) feststellen. Die Forschenden errechneten für Personen mit GERD im Vergleich zu jenen ohne diese Erkrankung ein 6,65-fach höheres Risiko, im Zeitraum von 17 Jahren einen Tinnitus zu entwickeln (angepasste Hazard Ratio [aHR] 6,65; 95%-Konfidenzintervall 6,50–6,81). 

Kein Schutz vor Tinnitus durch PPIs

Die GERD lässt sich operativ und medikamentös behandeln. Standardmäßig angewendet werden Protonenpumpenhemmer (PPIs). Die GERD-Therapie mit PPIs senkte in der Analyse jedoch nicht das Tinnitus-Risiko – im Gegenteil: PPIs erhöhten es noch. Die Studienlage zum Effekt von PPIs auf otologische Symptome ist allerdings widersprüchlich, weshalb die Forschenden zu einer umsichtigen Nutzung dieser Medikamente raten.

Wie jede Studie unterliegt auch die südkoreanische einigen Limitationen. So schränkt der rückblickende Charakter der Studie deren Aussagefähigkeit ein. Hinzu kommt, dass die Ätiologie für Tinnitus noch weitgehend ungeklärt ist und wahrscheinlich sehr komplexe Mechanismen umfasst. Bekannt ist aber bereits, dass Depressionen und Angsterkrankungen eine wichtige Rolle in der Entwicklung von Tinnitus spielen, die in der Untersuchung nur schwer zu identifizieren waren.

Mehr Forschung nötig

Das Ziel der wissenschaftlichen Forschung ist es nun, die Pathomechanismen genauer aufzuklären, die GERD und Tinnitus miteinander verbinden. So könnten neue Therapieansätze für die GERD, auch zum Schutz der Ohren, entwickelt werden.

Lebensstil verändern bei GERD

Eine gastroösophageale Refluxkrankheit lässt sich durch einen gesünderen Lebensstil lindern. Dazu gehören: Gewichtsabnahme, Alkohol- und Rauchverzicht sowie Medikamente und Nahrungsmittel meiden, die Symptome hervorrufen oder die Säurebildung anregen. Auch die Oberkörperhochlagerung kann helfen.

Quelle:

u.a. Kang S-W et al. Sci Rep 2024;14:30106