Antigentests auf SARS-CoV-2 und ihre Grenzen
A&W RedaktionBei asymptomatischen Personen kommen Antigentests an ihre Nachweisgrenze, auch die guten Testkits. Bei regelmäßig wiederholtem Testen spielt die geringere Sensitivität jedoch kaum eine Rolle.
Cochrane-Autoren haben untersucht, wie genau Antigenschnelltests eine Infektion bei Menschen mit und ohne potenzielle Symptome von COVID-19 nachweisen. Sie fassten 64 Studien zusammen, die verschiedene Schnelltests mit dem Standardlabortest, der rt-PCR, zum Nachweis einer aktuellen SARS-CoV-2-Infektion verglichen. Mehr als die Hälfte der Studien untersuchte Proben von Bürgern, die in Testzentren, Notaufnahmen oder im Rahmen der Ermittlung von Kontaktpersonen oder nach Ausbrüchen getestet wurden. Nur drei Studien betrafen ausschließlich Personen ohne Symptome.
Qualität des Testkits entscheidend
Bei Personen mit Symptomen wurden im Durchschnitt 72 Prozent derjenigen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren, korrekt erkannt. Über dem Durchschnitt lagen die Ergebnisse in der ersten Woche nach Beginn der Symptome (78 % richtig positiv). Bei Personen ohne Symptome identifizierten die Antigentests im Durchschnitt 58 Prozent der Infizierten richtig. Ein korrekter Ausschluss einer Infektion erfolgte bei 99,5 Prozent der nicht infizierten Personen mit COVID-19-ähnlichen Symptomen und bei 98,9 Prozent der nicht infizierten Personen ohne Symptome.
Die Metaanalyse deckte große Qualitätsunterschiede bei den Testkits auf. Bei Personen mit COVID-19-Symptomen reichte die Spanne der richtig positiven Befunde von 34 bis 88 Prozent der infizierten Personen. Zwei der leistungsstärkeren Tests (Abbott Panbio und SD Biosensor STANDARD Q) identifizierten immerhin 75 bzw. 88 Prozent der symptomatischen Personen korrekt als SARS-CoV-2-positiv; bei Personen ohne Symptome lag ihre Trefferquote bei 49 bzw. 69 Prozent. „Alle Antigentests übersehen einige Personen mit einer Infektion“, hält Erstautorin Jacqueline Dinnes von der University of Birmingham fest. „Daher ist es wichtig, Personen, die ein negatives Testergebnis erhalten, klarzumachen, dass sie trotzdem infiziert sein können.“
Screening braucht Tempo
Im Wissen um die limitierte Testempfindlichkeit können Antigenschnelltest für ein Screening auf Infektionen dennoch wertvoll sein. Dass zu diesem Zweck die Regelmäßigkeit und die Schnelligkeit des Testens entscheidender sind als die Testsensitivität, haben begutachtete Modellierungsstudien von Autoren der Harvard- und der Yale-Universität gezeigt. Demnach hängt die Effektivität des Screenings nur marginal von der Testempfindlichkeit ab, aber wesentlich von der Häufigkeit des Testens und von einer kurzen Dauer bis zum Ergebnis, das eine rasche Isolation positiv Getesteter erlaubt. Wissenschaftler berechneten die Effekte verschiedener Tests und Testfrequenzen (alle 2, 3 oder 7 Tage) in einer fiktiven Kohorte mit 0,2 Prozent Infizierten. Heraus kam, dass schon mit einem Test von geringer Sensitivität (70 %), aber guter Spezifität (mindestens 98 %), der alle zwei Tage angewendet wird, die Zahl der Infektionen kontrollierbar bleibt. Verbunden mit strikten Verhaltensregeln würde dies zum Beispiel Schulöffnungen erlauben, so die Autoren.
Das Robert Koch-Institut fasst zusammen, dass Antigentests bei serieller / regelmäßig wiederholter Anwendung Hygienekonzepte in bestimmten Einrichtungen ergänzen können, beispielsweise
- in Heimen für die Betreuung älterer Menschen,
- beim Personal von Praxen und Krankenhäusern,
- in Schulen und Kindertagesstätten,
- in betrieblichen Kontexten.
Was können Antigentests? |
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Ein positives Ergebnis ist nicht als Diagnose zu verstehen, sondern als Verdacht auf eine Infektion. Ein negatives Ergebnis stellt eine Momentaufnahme mit einer Gültigkeit von ca. 24 Stunden dar. |
Autor: Ralf Schlenger
Quellen:
Dinnes J et al. Cochrane Database of Systematic Reviews 2021, Issue 3. CD013705