Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
E-Health

Fast acht von zehn Bundesbürgern (78 Prozent) ist durch die Ereignisse der vergangenen 18 Monate die Bedeutung der Digitalisierung des Gesundheitswesens erst klar geworden. 75 Prozent sind überzeugt, mit digitalen Technologien ließen sich solche Krisen besser bewältigen. Das ist eine Steigerung um mehr als 20 Prozentpunkte gegenüber 2020, als 53 Prozent dieser Aussage zustimmten.

Digitale Gesundheitsangebote schneller ausbauen

71 Prozent fordern, digitale Gesundheitsangebote in der Medizin schneller auszubauen. 2020 taten das noch 65 Prozent der Befragten. 70 Prozent gehen davon aus, Deutschland hänge bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems hinter anderen Ländern zurück. Vor einem Jahr waren nur 60 Prozent dieser Ansicht. 87 Prozent der Deutschen bezeichnen die Nachverfolgung von Infektionsketten durch die Gesundheitsämter als zu langsam.

Datenaustausch der Gesundheitsämter nicht gesichert

„Die Probleme der Gesundheitsämter beim Durchbrechen von Infektionsketten, die verbreiteten Schwierigkeiten bei der Organisation von Impfterminen oder das Hickhack um die Corona-Warn-App haben bei vielen Menschen zu Ernüchterung und Frustration geführt (…)“. So bilanziert Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Zwar ist zuletzt Schwung in die Sache gekommen. Allerdings bahnen sich angesichts einer vierten Infektionswelle erneut die bekannten Probleme an. So ist der Datenaustausch der Gesundheitsämter auch im zweiten Jahr der Pandemie noch immer nicht gesichert.“

Digitaler Impfnachweis: Großes Interesse, auch ohne Smartphone

Wie die Umfrage zeigt, gibt es außerdem großes Interesse am digitalen Impfnachweis. 42 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer eines Smartphones haben ihn bereits auf dem eigenen Gerät gespeichert. Zwei Prozent haben ihn auf dem Smartphone einer anderen Person gesichert. Weitere 41 Prozent wollen sich den digitalen Impfnachweis künftig besorgen. 26 Prozent wollen dies “in jedem Fall“ und 15 Prozent „wahrscheinlich“ tun.

Lediglich 12 Prozent geben an, kein Interesse am digitalen Impfnachweis zu haben, obwohl sie ein Smartphone haben. In Deutschland besitzen 21 Prozent der Einwohner kein Smartphone. Fast die Hälfte davon (42 Prozent) sagt jedoch, sie würden den digitalen Impfpass nutzen, wenn sie denn ein Smartphone hätten.

Die meisten Nutzerinnen und Nutzer des digitalen Impfnachweises haben ihn in der Apotheke ausstellen lassen (31 Prozent). 26 Prozent haben ihn im Impfzentrum bezogen. Rund ein Fünftel (22 Prozent) hat ihn in der Arztpraxis erhalten. Einige wenige bekamen ihn auch per Brief (8 Prozent) oder per E-Mail (6 Prozent) zugesandt.

Digitaler Impfnachweis wird auch im privaten Rahmen genutzt

Eine große Mehrheit nutzt den digitalen Impfnachweis aktuell bzw. künftig vor allem für private Anlässe und damit über die rechtlichen Vorgaben hinaus. 87 Prozent wollen so Treffen mit Freunden und Familie absichern. Ob Tennisplatz, Kochwerkstatt oder Kino: Drei Viertel (76 Prozent) setzen den digitalen Impfnachweis jetzt oder künftig für Freizeitaktivitäten ein. 61 Prozent benötigen ihn für Urlaub und Reisen. Die Hälfte derer, die den digitalen Impfnachweis nutzen oder künftig nutzen wollen, wollen damit Restaurants besuchen. Je etwas mehr als ein Drittel will zu Großevents (37 Prozent) bzw. in Clubs oder Bars (35 Prozent) gehen. Ein Fünftel zeigt den digitalen Impfnachweis jetzt oder künftig bei der Arbeit vor.

Sechs von zehn Befragten wollen das E-Rezept nutzen

Neben dem digitalen Impfnachweis ist am 1. Juli auch das E-Rezept offiziell an den Start gegangen. Allerdings lediglich in ersten Pilotversuchen. Die zugehörige App ist ebenfalls seit kurzem für Apple- und Android-Geräte verfügbar. Das E-Rezept wird per QR-Code in einer Apotheke eingelöst. Ab Januar 2022 haben alle Versicherten einen rechtlichen Anspruch darauf. Das Interesse ist groß: 59 Prozent der Deutschen wollen das E-Rezept nutzen. 39 Prozent wollen dies nicht.

Die Hälfte derer, die das E-Rezept nutzen wollen, erhofft sich davon vor allem eine automatische Erkennung von Wechselwirkungen. 44 Prozent wollen damit Zettelwirtschaft vermeiden. Drei von zehn Befragten setzen auf digitale Medikationspläne. Ein Viertel möchte sich automatisch an die Medikamenten-Einnahme erinnern lassen.

Zwei Drittel wollen die elektronische Patientenakte nutzen

Seit dem 1. Januar 2021 bieten die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten die elektronische Patientenakte (ePa) an. Zwei Drittel (66 Prozent) wollen sie künftig gern nutzen. Aktuell haben sie allerdings erst 0,2 Prozent der Befragten in Gebrauch (Stand: Mai 2021). Ein Fünftel hat daran gar kein Interesse. Ein Zehntel gibt an, sich bislang noch nicht mit der ePa befasst zu haben.

Wer an der ePa interessiert ist, sieht vor allem den Vorteil, dass andere Ärzte Diagnosen, Befunde oder Arztbriefe einsehen können (74 Prozent). 71 Prozent wollen per ePa selbst alle Infos über die eigene Krankengeschichte im Blick haben. 64 Prozent sehen den Vorteil, Doppeluntersuchungen durch die digitale Dokumentation in der ePa zu vermeiden.

Diejenigen, die die ePa nicht nutzen wollen, haben vor allem Bedenken wegen der Datensicherheit (56 Prozent). Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) sorgt sich um Eingabefehler. Ein Drittel (31 Prozent) erscheint die Beantragung zu aufwendig.

Videosprechstunde vor allem bei Älteren beliebt

Die Verbreitung der Videosprechstunde ist in den vergangenen 12 Monaten eher langsam vorangegangen. 14 Prozent der Deutschen über 16 Jahren haben ein solches digitales Angebot schon einmal genutzt. 13 Prozent waren es im Sommer 2020. Jedoch lediglich fünf Prozent nutzten sie im Jahr 2019.

Vor allem die 50- bis 64-Jährigen haben die Videosprechstunde für sich entdeckt. Mehr als ein Fünftel aus dieser Gruppe (22 Prozent) hat schon einmal einen digitalen Arztbesuch absolviert. 18 Prozent sind es bei den 16- bis 29-Jährigen und 15 Prozent bei den 30- bis 49-Jährigen. Von den Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren haben allerdings lediglich drei Prozent schon einmal das Angebot einer Videosprechstunde genutzt. Von denen, die bereits Videosprechstunden genutzt haben, ist die weit überwiegende Mehrheit zufrieden. 53 Prozent beurteilen ihre Erfahrung als „eher gut“ und 43 Prozent als „gut“.

Apps auf Rezept etablieren sich nur langsam

Seit Herbst 2020 sind so genannte digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) verfügbar. Dies sind zertifizierte Gesundheitsapps, die sich die Versicherten auf Rezept verschreiben lassen können. 51 Prozent der Befragten der Bitkom-Studie könnten sich künftig vorstellen, eine solche App zu nutzen, die etwa bei Tinnitus oder Schlafstörungen, Migräne oder Adipositas hilft. Für 45 Prozent sind Gesundheits-Apps auf Rezept nach eigenem Empfinden nicht geeignet. Erst eine sehr geringe Anzahl von Menschen hat eine solche App schon einmal genutzt.

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben sind zwei Umfragen, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Zum einen wurden im Mai 2021 insgesamt 1.157 Personen in Deutschland ab 16 Jahren zu verschiedenen Themen aus dem Bereich Digital Health telefonisch befragt. Anfang Juli 2020 wurden 1.005 Personen in Deutschland ab 16 Jahren zum digitalen Impfnachweis telefonisch befragt. Die Umfragen sind repräsentativ.