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Gynäkologie
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Wie sich ein Schwangerschaftsdiabetes auf metabolische und glykämische Parameter von Neugeborenen und älteren Kindern auswirkt, hängt offenbar davon ab, ob die Schwangere vornehmlich eine Insulinresistenz oder -defizienz aufweist beziehungsweise eine Mischform. Außerdem könnte eine Therapie bereits vor der 24. Schwangerschaftswoche vorteilhaft sein.

Drei Formen des Schwangerschaftsdiabetes

In einer großen Studie (Hyperglycemia and Adverse Pregnancy Outcome (HAPO) Study) und ihrer Verlängerung (HAPO Follow-Up) mit knapp 7.970 beziehungsweise 4.200 Mutter-Kind-Paaren hatten Forschende drei GMD-Typen unterschieden: den vorwiegend Insulin-defizientem GDM mit erhaltener Insulinsensitivität, den Insulin-resistenten GDM mit erhaltener Insulinsekretion und eine Mischdefekt-Form mit reduzierter Sekretion und Sensitivität.

Verschiedene Folgen bei Neugeborenen und Kindern

Verglichen mit einer normalen Glukosetoleranz in der Schwangerschaft waren alle drei GDM-Formen mit einem höheren Geburtsgewicht und einer größeren Hautfaltendicke, also mehr Fettmasse verknüpft. Insulin-resistenter GDM sowie die Mischdefekt-Form steigerten das Risiko für erhöhte C-Peptid-Spiegel im Nabelschnurblut, der Insulin-resistente GDM das Risiko für neonatale Hypoglykämie. Ein Insulin-resistenter GDM war zudem bei Kindern im Alter von elf bis 14 Jahren mit Adipositas und gestörter Glukosetoleranz assoziiert, die Mischdefekt-Form nur mit Adipositas.

Gestationsdiabetes besser charakterisieren – und intervenieren

Die Forschenden gehen davon aus, dass sich die Subtypisierung des GDM nach Insulinsensitivität und -sekretion besser eignet, um Kinder mit einem erhöhten metabolische Risiko zu identifizieren und ihnen früh gezielte Interventionen anzubieten, insbesondere solchen mit neonataler Hypoglykämie sowie Adipositas und gestörter Glukosetoleranz im Alter von elf bis 14 Jahren.

Früher und später Beginn des GDM

Bisher wurde in den meisten GDM-Studien nicht nach dem Zeitpunkt differenziert, zu dem der Gestationsdiabetes begonnen hat. Nun wurden die perinatalen Outcomes von Schwangeren mit frühem und spätem Beginn verglichen. Unterschieden wurden dabei:

  • Normoglykämie in der 24. bis 28. SSW (Kontrolle)

  • Früher GDM mit Beginn vor der 20. Schwangerschaftswoche (SSW), persistierend bis zur 24. bis 28. SSW

  • Später GDM mit Beginn in der 24. bis 28. SSW

In beiden Studiengruppen wurde der GDM in der 24. bis 28. SSW behandelt.

Früher Schwangerschaftsdiabetes – schlechteres Outcome

Die Schwangerschaftsdauer war bei Frauen mit frühem (n = 254) und spätem GDM (n = 467) kürzer als in der Kontrollgruppe (n = 2.339). Der primäre Endpunkt, zusammengesetzt aus Geburt vor der 37. SSW, Geburtsgewicht ≥ 4.500 g, Geburtstrauma, neonatales Atemnotsyndrom , Phototherapie, Totgeburt/neonataler Tod, und Schulterdystokie, trat bei Frauen mit frühem GDM signifikant häufiger ein (Odds Ratio 1,59) als in der Kontrollgruppe. Auch entwickelten ihre Neugeborenen häufig eine Neugeborenengelbsucht. In der Gruppe mit spätem GEM waren die Werte gegenüber der Kontrollgruppe nicht signifikant erhöht. Schwangere mit frühem GDM benötigten die höchsten Dosen an Insulin und/oder Metformin.

Therapie bei Gestationsdiabetes früher starten

TrotzTherapie in der 24. bis 28. SSW traten nach einem frühen GDM vermehrt ungünstige perinatale Outcomes auf. Ein frühere und aggressivere Therapie könnte dazu beitragen, die Folgen einer schweren maternalen Hyperglykämie in der Frühschwangerschaft zu mildern, befanden die Forschenden.

Leitlinien-Ergänzung

Etwa jede 7. Schwangere in Deutschland entwickelt einen Schwangerschaftsdiabetes – einen sogenannten Gestationsdiabetes mellitus (GDM). Unbehandelt kann er schwerwiegende Folgen für Mutter und Kind haben. Bisher wurde ein GDM meist erst zwischen 24 und 28 Schwangerschaftswochen (SSW) untersucht – oft zu spät, um Komplikationen wie übermäßiges fetales Wachstum oder Geburtsprobleme zu vermeiden. Neuester Evidenz zufolge, sollte ein Screening für Schwangerschaftsdiabetes bereits frühzeitig – zwischen 11 und 13+6 Schwangerschaftswochen – durchgeführt werden. Dabei spielt der Ultraschall eine zentrale Rolle. Diese Empfehlungen sind im Amendment (Ergänzung) zur Leitlinie  „AWMF S2e LL 085-002 Ersttrimester Diagnostik und Therapie @ 11-13+6 Schwangerschaftswochen“ festgehalten, das unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) verfasst wurde.

Quelle:

Osmulski ME et al. Diabetes Care 2025;48(3):390–399

Simmons D et al. Diabetes Care 2024;47:2093–2101

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