Krebs: Darmmikrobiom unterstützt Immuntherapie
Dr. Dagmar van ThielDarmbakterien und deren Stoffwechselprodukte können das Ansprechen einer Tumor-Immuntherapie beeinflussen. Forscher fanden Hinweise dafür, dass sich dieses Potenzial therapeutisch nutzen lassen könnte. Dazu eignen sich Möglichkeiten zur Modulation und Transplantation der Darmmikrobiota.
Während nur wenige Bakterien, Viren und Parasiten selbst Krebs verursachen können, wurde aus jüngeren Studienergebnissen deutlich, dass eine Vielzahl von Tumorerkrankungen des Menschen mit charakteristischen Veränderungen des humanen Mikrobioms einhergeht.
Darmmikrobiom als Einflussfaktor in der Krebstherapie
Dies berichtete Prof. Sebastian Zeißig von der Universitätsmedizin Greifswald, wie aus einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) hervorgeht.
Speziell die Darmmikrobiota und ihre Zusammenhänge mit Tumorerkrankungen sind derzeit Gegenstand intensiver Forschung. Besonders interessiert die Frage, ob und wie das Mikrobiom die Krebstherapie beeinflusst.
Tumorzellen umgehen Immunabwehr über Checkpoint-Proteine
Inzwischen hat sich herauskristallisiert, dass die Interaktionen wohl über immunologische Prozesse ablaufen. So haben Forscher herausgefunden, dass Krebszellen sich an sogenannte Checkpoints binden, nämlich Proteine, die auf der Oberfläche von Immunzellen sitzen. Durch die Blockade der Checkpoints werden die Tumorzellen unsichtbar für das körpereigene Immunsystem und sind für die natürliche Abwehr nicht mehr angreifbar.
Mithilfe von therapeutischen Antikörpern, die ihrerseits die Checkpoints inhibieren, lässt sich die durch die malignen Zellen verursachte Blockade aufheben. Mit einer solchen Checkpoint-Inhibitor-Therapie wird für das Immunsystem wieder der Weg freigemacht, um den Krebs zu attackieren.
Bakterielle Stoffwechselprodukte modulieren Therapieerfolg
Auch Darmbakterien besitzen die Fähigkeit, die Checkpoint-Proteine zu hemmen. Diese Eigenschaft kann unterschiedlich ausgeprägt sein. Der variable Einfluss der Darmmikrobiota könnte der Grund sein, dass etwa bei zwei Menschen mit der gleichen Krebserkrankung die gleiche Immuntherapie unterschiedlich anspricht. Aktuelle Studien zeigen tatsächlich, dass Bakterien und ihre Stoffwechselprodukte die Antwort auf eine Checkpoint-Inhibitor-Therapie regulieren können, sowohl im Positiven als auch im Negativen.
Klinische Studien belegen Nutzen beim Melanom
Diese Prozesse könnten auch therapeutisch genutzt werden. „Die Übertragung von Darmbakterien durch eine Stuhltransplantation kann das Immunsystem beeinflussen“, wird Zeisig in der Pressemitteilung zitiert. „Im Tiermodell konnte nachgewiesen werden, dass Darmbakterien von Patienten, die gut auf eine Checkpoint-Inhibitor-Therapie ansprachen, in Tieren die Wirkung dieser Krebstherapie verbessern konnten.“ Beim Menschen fielen dementsprechende erste klinische Studien zur Therapie des Melanoms Erfolg versprechend aus. Das Ansprechen auf eine Checkpoint-Hemmer-Therapie wurde durch transplantierte Bakterien im Darm begünstigt.
Mikrobiom gezielt modulieren: Wege zur Therapieverstärkung
Das Ziel ist es, das Mikrobiom so zu beeinflussen, dass das Ansprechen auf die Immuntherapie verbessert wird. Mögliche Wege sind: Übertragung der Darmbakterien aus Stuhl von Personen, deren Erkrankung gut auf eine Immuntherapie anspricht, Umstellung der Ernährung oder Einsatz von Probiotika.
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
Krebsinformationsdienst (DKFZ)