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Onkologie
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Als das Krebsinformationszentrum des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Mitte Oktober eine Online-Veranstaltung zu komplementärer und alternativer Krebsmedizin anbot, zeigte die Moderatorin sich überwältigt von der Zahl der Teilnehmer – aber nicht wirklich überrascht. Meist werde man bei der Recherche zu solchen Methoden von einem Informations-Tsunami überrollt, auch aus den sozialen Medien von Tiktok bis YouTube.

S3-Leitlinie Onkologie 2024 bietet Orientierung bei komplementären Therapien

Die im Mai 2024 überarbeitete S3-Leitlinie „Komplementäre Medizin in der onkologischen Behandlung“ sieht sich angesichts dieses „Tsunamis“ als präzises Nachschlagewerk, das es ermöglicht, Patientenfragen evidenzbasiert zu beantworten, aktiv Empfehlungen auszusprechen oder von konkreten Maßnahmen und Verfahren abzuraten. Ausdrücklich nennt sie als Ziel, Patienten bei der Suche nach seriöser Information nicht alleinzulassen. Die Leitlinie zeigt dabei, was für ein weites Feld das Thema ist; sie umfasst sage und schreibe 645 Seiten mit über 1.000 Literaturquellen. 

Risiken und Nutzen bei komplementären Krebstherapien abwägen

Zu beachten ist, dass auch bei komplementären Verfahren nicht „viel hilft viel“ gilt, sondern Nutzen und Risiken solcher zusätzlich zur Standardtherapie angewendeten Methoden abgewogen werden müssen. Im Idealfall trifft der Patient die Entscheidung, eine komplementäre Therapie anzuwenden, zusammen mit dem behandelnden Arzt. 

Aufklärung ist bei alternativen Krebsbehandlungen wichtig

Ein Rat für beide Seiten ist daher: Sprechen Sie darüber! Naheliegenderweise gibt es bisher keine guten Daten aus klinischen Studien, dass eine der komplementären oder alternativen Methoden gegen Krebs wirksam ist – sonst wären sie ja „Schulmedizin“. Von einem alleinigen Einsatz alternativer Methoden ohne onkologische Standardtherapie rät das DKFZ ab, weil dadurch die Verwendung einer wissenschaftlich belegten wirksamen Therapie verzögert oder sogar ganz verhindert wird. „Das Sterberisiko der Betroffenen steigt dadurch erheblich“, warnt Dr. Susanne Weg-Remers, Leiterin des Krebsinformationsdienstes. 

Wenig Studien zu alternativen Methoden bei Krebs

Für den Großteil der Methoden gibt es durchaus Studien, oft aber nur aus der Grundlagenforschung – keine klinischen Studien. Beispiele sind der Maitake-Pilz oder die Stachelannone (Graviola). Manche Ansätze wie Echinacea und das „Bienenharz“ Propolis haben gute Grundlagendaten, die sich in klinischen Studien aber nicht bewiesen haben. Widersprüchliche Wirksamkeitsdaten gibt es zu Weihrauch und der sogenannten „schwarzen Salbe“; bei Letzter sind dagegen die Risiken klar belegt. Bei manchen Methoden wie der „Budwig-Diät“ gibt es bislang trotz vielfacher Erwähnung noch nicht einmal Studien. Und bei einigen Methoden ist die Nutzlosigkeit nachgewiesen. Im Fall von bitteren Aprikosenkernen (Amygdalin) geht die Nutzlosigkeit sogar mit dem Risiko schwerer Nebenwirkungen einher. 

Positive Ausnahmen: Bewegung und Achtsamkeit

Die Standardtherapie bei Krebs gut ergänzen können körperliche Aktivität und die sogenannten Mind-Body-Verfahren. Tai Chi und Qigong als meditative Bewegungsübungen zum Beispiel reduzieren laut S3-Leitlinie Fatigue und verringern Ein- und Durchschlafstörungen. Auch Ayurveda-Methoden wie Yoga oder Musik- und Klangtherapie zeigen positive Effekte. Meditation kann den Stresslevel während der Chemotherapie senken und Akupunktur hilft oft gegen Übelkeit. Bewegung kann gegen Angstgefühle und depressive Symptome wirken, die Lebensqualität oder zum Beispiel ein Lymphödem verbessern.

Video-Tipp des DKFZ

Hier finden Interessierte die Aufzeichnung der Online-Veranstaltung „Komplementäre und alternative Krebsmedizin: von unbedenklich bis riskant“ des Krebsinformationsdienstes. Die Veranstaltung soll helfen, Informationen zu entsprechenden Methoden einordnen und bewerten zu können.

Quelle:

Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)

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