Nach Einführung als GKV-Leistung: Tonsillotomie in Arztpraxen wirtschaftlich nicht mehr möglich?
A&W RedaktionDer Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. empfiehlt seinen Mitgliedern die ambulante Tonsillotomie nur noch bei Notfällen durchzuführen. Hintergrund der Empfehlung sind die hohen Kosten, die mit der Operation verbunden sind.
Die operative Teilentfernung vergrößerter Gaumenmandeln sei unter den gegebenen Bedingungen für ambulant operierende HNO-Ärzte nicht mehr wirtschaftlich zu erbringen. Das Problem sind dem Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. zufolge die gestiegenen Hygieneanforderungen für ambulante Operationen, die hohen Sachkosten der verwendeten Operationsinstrumente sowie die unzureichende Abbildung der ärztlichen Vergütung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Die operative Teilentfernung (Tonsillotomie) vergrößerter Gaumenmandeln (Hyperplasie der Tonsillen) zählt zu den häufigsten ambulanten Operationen im Bereich der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde. Operiert werden hauptsächlich Kinder zwischen einem und zwölf Jahren. Der chirurgische Eingriff ist indiziert, wenn die Hyperplasie eine symptomatische, klinisch relevante Beeinträchtigung verursacht und eine konservative Behandlung nicht ausreicht. Die häufigsten Gründe für eine Mandeloperation sind mehrmals entzündete Gaumenmandeln und vergrößerte Mandeln.
Krankenkassen kündigen Sonderverträge
Nach der Einführung der Tonsillotomie in den Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung zum 1. Juli 2019 wurde der Großteil der bis dahin bestehenden Sonderverträge von den Krankenkassen gekündigt. Aufgrund der Einstufung der Operation als N2-Eingriff durch den Beschluss des Bewertungsausschusses kann die Tonsillotomie laut Berufsverband nicht mehr wirtschaftlich von ambulant operierenden HNO-Ärzten erbracht werden.
In einer jetzt veröffentlichten Resolution empfiehlt der Berufsverband seinen Mitgliedern daher, den Eingriff, abgesehen von Notfällen, nicht mehr ambulant durchzuführen. Einen entsprechenden einstimmigen Beschluss fasste der Bundesvorstand des Berufsverbandes bei seiner Herbstsitzung Anfang November in Mannheim.
Deshalb explodieren die Kosten
Zu den größten Kostentreibern zählen nach Angaben des Verbandes die zahlreichen und immer weiter steigenden Hygieneanforderungen für ambulante Operationen. Nach aktuellen Angaben des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) liegen die Hygienekosten für Praxen, die auch ambulant operieren, bei durchschnittlich rund 53.000 Euro jährlich.
Hinzu kommen die Kosten für die bei dem Eingriff verwendeten Einmalinstrumente. Die Operation wird im ambulanten Bereich heute standardmäßig entweder als laserchirurgischer Eingriff oder mit der sogenannten Celon-Methode, der bipolaren radiofrequenzinduzierten Thermotherapie (RFITT), durchgeführt.
Die Kosten für die verwendeten Einmalinstrumente liegen bei beiden Methoden jeweils bei rund 100 Euro pro Eingriff. Eine gesonderte Abrechnung dieser Sachkosten ist in der Vergütungssystematik des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) nicht vorgesehen. Eine Operation mit konventionellen Instrumenten wäre kostengünstiger, entspricht aber nicht dem aktuellen Behandlungsstandard und ist darüber hinaus mit einem höheren Risiko für Nachblutungen verbunden. Nach der Operation stehen die Patientinnen und Patienten daher für mindestens zwei Stunden unter Beobachtung. Kosten, die bei der Leistungsvergütung laut Verband ebenfalls nicht annähernd wirtschaftlich kalkuliert sind.
Der Bundesvorstand fordert die Verhandlungspartner von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung deshalb auf, die Bewertung der Operation im GKV-Bereich anzuheben und den im Juni 2019 gefassten Beschluss im Bewertungsausschuss nachzubessern.