Baufinanzierung mit Lebensversicherung: Das große Erwachen
Marzena SickingNicht wenige Ärzte wollten ihr Haus mit einer Kombination aus Lebensversicherung und tilgungsfreiem Darlehen finanzieren: Sie zahlten zunächst nur Zinsen und wollten später das Darlehen mit der Auszahlung der Lebensversicherung tilgen. Die Rechnung geht in vielen Fällen heute aber nicht mehr auf.
Argumentiert wurde früher mit Steuervorteilen. Die Auszahlung der Lebensversicherungssumme war damals steuerfrei. Damals heißt: Der Abschluss lag vor 2005. Heute ist die Kombination eines tilgungsfreien Darlehens mit einer Lebensversicherung in vielen Fällen nicht mehr interessant, weil die Erträge aktueller Lebensversicherungen versteuert werden müssen. Kapitalanleger profitieren immerhin noch von dem Vorteil, Darlehenszinsen von der Steuer absetzen zu können – für Selbstnutzer gilt das nicht. In beiden Fällen kann das Modell aber interessant sein, wenn der Kreditnehmer eine alte, noch steuerfreie Police mit hohen Garantiezinsen nutzen kann.
Anstelle der laufenden Tilgung des Kredites überweist man Beiträge für die Police. Mit der späteren Auszahlung der Lebensversicherung zahlt der Kunde das Darlehen auf einmal zurück.
Für viele Sparer ein Desaster
Heute nützt dies aber wenig. Das Modell ist für viele schlicht ein Desaster geworden. Die Policen werfen zu wenig ab, zehntausende Häuslebauer sitzen auf einem Schuldenberg und müssen neue Kredite bis ins Rentenalter abstottern.
Zwischen den damaligen Hochrechnungen und den Jetzt-Werten klafft eine erhebliche Lücke. Bis zu 40% weniger als prognostiziert zahlen die Versicherungsunternehmen. Diese Erfahrungen decken sich mit denen Millionen anderer Versicherungskunden, die in den letzten Jahren drastische Einbußen bei der Altersvorsorge hinnehmen mussten.
Garantiezins jetzt bei 0,9 Prozent
Die Versicherungsunternehmen begründen die stark gesunkenen Ablaufleistungen mit der aktuellen Niedrigzinsphase. Immerhin ist seit 1994 der Garantiezins von 4 % auf 0,9 % ab Januar 2017 zurückgegangen. Diese Tatsache ist allerdings für den Bund der Versicherten eine Ausrede. Tatsächlich sitze die Versicherungsbranche auf Reservepolstern von ca. 70 Milliarden Euro, die den Kunden vorenthalten würden.
Auch die FAZ moniert, dass die Versicherer große Reserven aufbauen konnten, an denen die Kunden mit auslaufenden Verträgen seit 2014 nicht mehr so großzügig beteiligt werden wie seit 2008. Nun waren weder Bewertungsreserven noch Prognoserechnungen jemals verbindliche Zusagen – anders als die Zinsgarantien.
Zinsspirale: Ständig nach unten
Vertragsabschluss | Garantiezins* |
Ab 7.94 | 4,00 % |
Ab 7.2000 | 3,25 % |
Ab 1.2004 | 2,75 % |
Ab 1.2007 | 2,25 % |
Ab 1.2012 | 1,75 % |
Ab 1.2015 | 1,25 % |
Ab 1.2017 | 0,90 % |
Der Garantiezins bezieht sich nur auf den Sparanteil.
Wie auch immer: Ist die Baufinanzierung gekippt, weil die LV-Summe nicht ausreicht, muss der Versicherte nachfinanzieren. Für künftige Baufinanzierung ist das Modell aber obsolet. Was früher normal war, ist heute ein Verlustgeschäft.
Risiko-Lebensversicherung sinnvoll
Besser als ein Versicherungsdarlehen ist eine sofort beginnende Tilgung und eine Risiko-Lebensversicherung zur Absicherung. Die Zinszahlungen, die durch die Tilgung eingespart werden, reichen in vielen Fällen schon zum Finanzieren einer Risiko-Lebensversicherung aus. Sie sollte so bemessen sein, dass sie die Rückzahlung des Baudarlehens ermöglicht und außerdem die Existenz der Hinterbliebenen sichert.
Lebensversicherungen im herkömmlichen Sinn werden ohnehin kaum mehr angeboten. Jetzt sind neue Varianten auf dem Markt: Sie bieten keine Garantien, versprechen aber höhere Überschüsse. Die Zeitschrift “Öko-Test” sieht das eher skeptisch: “Selbst die ohnehin geringen Überschüsse investieren die Versicherer nicht direkt in Aktien, sondern in irgendwelche komplizierten Produkte, die niemand durchschaut. Das Risiko werde so immer mehr vom Anbieter auf den Verbraucher verlagert!“