Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Finanzen

Ärztinnen und Ärzte werden in ärztlichen Versorgungswerken pflichtversichert. Diese berufsständischen Systeme sollen eine angemessene Renten-, Hinterbliebenen- und Invaliditätsversorgung der Mediziner sicherstellen. Grundlage ist nicht das Bundes-, sondern das jeweilige Landesgesetz. Auch deswegen werden in einem Bundesland gezahlte Beiträge nicht automatisch in ein anderes übertragen. Vielmehr müssen Betroffene bei einem Umzug selbst aktiv werden.

Ärzte und Ärztinnen, die in ein anderes Bundesland umziehen, können innerhalb von sechs Monaten einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser kann beim alten oder beim neuen Versorgungswerk eingereicht werden. Die bislang gezahlten Beiträge werden auf das neue Versorgungswerk übergeleitet, wenn die Pflichtmitgliedschaft im alten beendet und sie im neuen Kammer-Bereich eingetreten ist.

Seit 2005 besteht die Verpflichtung, bei einem Umzug nicht nur die Ärztekammer, sondern auch das Versorgungswerk zu wechseln. Immerhin wurde das lange Zeit doch sehr komplizierte Verfahren zwischenzeitlich ein wenig vereinfacht.

Überleitungen von Beiträgen

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit einer Beitragsüberleitung, sofern

  • die Berufstätigkeit vor Vollendung des 50. Lebensjahres in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Versorgungswerkes verlegt wird und
  • im bisherigen Versorgungswerk noch nicht für mehr als 96 Monate Beiträge entrichtet wurden.

Die Frist zur Beantragung beträgt 6 Monate ab Beginn der Mitgliedschaft beim neu zuständigen Versorgungswerk.

Mit dieser Vereinbarung soll das Problem der Mehrfachanwartschaft zumindest etwas reduziert werden. Ist aber die Grenze von 96 beitragspflichtigen Mitgliedschaftsmonaten überschritten, bleibt die alte Anwartschaft weiterhin bestehen. Die Ärztin oder der Arzt  bekommen später im Leistungsfall aus der jeweiligen Anwartschaft entsprechende Leistungen. Dabei gewährt jedes Versorgungswerk seine Leistung zeitanteilig (so genanntes Pro-rata-temporis-Prinzip).

Einbußen nicht ausgeschlossen

So können die Folgen dann in der Praxis aussehen: Ein 46-jähriger Arzt hat in zwei Versorgungseinrichtungen Beiträge eingezahlt. Dann wird er berufsunfähig und muss die Praxis schließen. Nach dem alten Modus leistete das zweite Versorgungswerk, das jetzt BU-Rente zahlt,  die Zurechnung bis zu einem bestimmten in der Satzung festgelegten Lebensjahr (meistens das 60. Lebensjahr) in vollem Umfang allein. Jetzt tragen beide Einrichtungen diese Zurechnung anteilig entsprechend der in jeweiligen Versorgungswerken zurückgelegten Zeiten.

Ein Wechsel der Kammerzugehörigkeit kann für Betroffene allerdings Anwartschaftsverluste mit sich bringen. Auch haben Betroffene keine Garantie dafür, dass das neue Versorgungswerk künftig genauso gut mit dem Geld wirtschaften wird, wie das alte. Durch die Null-Zins-Politik wird der Finanzdruck auf die Versorgungseinrichtungen immer stärker.

Versorgungswerke leiden unter der Zinsflaute

Was viele nicht wissen: ein Versorgungswerk funktioniert nicht nach dem Umlageverfahren (wie die Gesetzliche Rentenversicherung), sondern nach dem offenen Deckungsplanverfahren (wie Lebensversicherungen). Sie legen das Kapital dabei im Wesentlichen (ca. 70%) in sichere Staats- und Unternehmensanleihen mit hoher Bonität an und erzielten damit in ihrer Historie ansehnliche Renditen.

Mittlerweile haben die Versorgungswerke die gleichen Probleme wie die Lebensversicherer. Aufgrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus, ist mit Zinsanlagen kaum noch Ertrag zu erwirtschaften. So hat zum Beispiel Mitte Juli der deutsche Staat erstmals eine Bundesanleihe mit negativer Rendite herausgegeben. Käufer dieser Anleihe erhalten nach Ablauf der Laufzeit somit weniger Geld zurück, als sie bezahlt haben. Und das garantiert. Je länger das Niedrigzinsumfeld anhält, desto schwieriger wird die Lage für die Versorgungswerke.

Um bösen Überraschungen zu entgehen und frühzeitig gegensteuern zu können, sollten Ärzte sich frühzeitig bei ihrem neuen Versorgungswerk nach den Nettorenditen und Rechnungszins erkundigen, um die Lage besser einschätzen und gegebenenfalls noch privat gegensteuern zu können.