Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisfinanzierung

Banken und Sparkassen sind bei der Kreditvergabe an kleine und mittlere Firmen sowie Freiberufler seit dem dritten Quartal 2022 deutlich strenger als zuvor. Das zeigt eine Umfrage des ifo-Instituts im Auftrag der staatlichen KfW-Förderbank. Die sogenannte KfW-ifo-Kredithürde gibt vierteljährlich den Anteil der Befragten an, die das Bankverhalten in Darlehensverhandlungen als „restriktiv“ einordnen. Im Herbst erreichte diese Kredithürde ein neues Rekordhoch von rund 28 Prozent. „Steigende Zinsen, der durch die russische Aggression verschärfte Kostenschub und eine sich abschwächende Konjunktur veranlassen die Banken, bei der Kreditvergabe vorsichtiger zu agieren“, erklärte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Am stärksten betroffen sind laut dem ifo-Institut die Kleinstunternehmen und Soloselbständige. Demnach berichtete jede und jeder zweite Kreditsuchende, dass es schwierig sei, sich frisches Geld zu leihen. Die Geldinstitute prüfen genauer, ob Kunden sich die Zins- und Tilgungszahlungen leisten können. Denn drohende Rezession und befürchtete Pleiten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Kredite nicht wie vereinbart zurückgezahlt werden. Deutsche-Bank-Expertin Sandra Heinrich passend dazu im Oktober: „Wenn absehbar ist, dass ein Kunde die Inflationskosten nicht weitergeben kann, können sich seine Bonität und Rating verschlechtern und dann kann die Finanzierung teurer werden.“

Niedergelassene erhalten weiterhin frisches Geld

Ärztinnen und Ärzte müssen sich aktuell allerdings kaum sorgen, dass sie schwerer an Geld für eine Praxisfinanzierung kommen. Das bestätigten die Apobank, Commerzbank, Deutsche Bank und eine große Sparkasse mit Heilberufe-Center in Berlin auf Nachfrage. Allerdings müssen sie mehr dafür zahlen als in der jüngeren Vergangenheit. Und sie sollten damit rechnen, dass sich Darlehen in den kommenden Monaten weiter verteuern. Die Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank seit diesem Sommer wirken sich bereits enorm auf die Kreditkosten aus. Ökonomen erwarten, dass die Notenbank dieses und nächstes Jahr weitere solcher Schritte unternimmt, um die allgemeine Teuerung zu bekämpfen.

Beliebtes und günstiges Beispiel für Arztpraxen: Wer Ende Oktober 2022 den staatlich geförderten ERP-Förderkredit KMU mit zehn Jahren Laufzeit beantragte, erhielt ihn – beste Bonität und mindestens fünf Jahre in der Selbstständigkeit vorausgesetzt – bei seiner Hausbank mit einem Effektivzins von 3,75* Prozent pro Jahr. Unter denselben Voraussetzungen lag der Effektivzins bei Praxiskrediten mit Laufzeiten von fünf oder zwei Jahren bei 3,36* beziehungsweise bei 2,90* Prozent pro Jahr. Noch im Januar hatten etablierte Niedergelassene mit bester Bonität bei dem ERP-Förderkredit KMU mit einer zehnjährigen Laufzeit dank KfW-Förderung die Chance auf einen Effektivzins von unter 1 Prozent pro Jahr.

Überzeugende Bedarfsplanung wird dennoch wichtiger

Im historischen Vergleich liegen die Zinsen für Unternehmenskredite damit jetzt wieder auf dem Niveau von vor gut zehn Jahren. Die Banken und Sparkassen sehen ansonsten bisher kaum Änderungen bei ihrer Kreditvergabe an Praxischefs und diejenigen, die es werden wollen. Das liegt einerseits an der Kundenzielgruppe, deren finanzielle Aussichten attraktiv sind. Andererseits bleibt der Gesundheitsmarkt auch in Krisenzeiten stabil. Trotz der zunehmenden Überalterung der Niedergelassenen und nachlassendem Interesse an einer Selbstständigkeit ist der Finanzierungsbedarf überall konstant. Nur die Nachfrage nach Gründungen und Modernisierung sei gegenüber 2021 verhaltener, teilte die Berliner Sparkasse mit.

Bei der Vergabe von Praxiskrediten gibt es keine zusätzlichen Anforderungen in Bezug auf die Inflation und den damit verbundenen Unsicherheiten. „Dazu kommt die weiterhin sehr gute Bonität der Kundinnen und Kunden“, sagt Christoph Moschner, Leiter Vertriebsmanagement Kredit und Konto bei der Apobank. Wichtiger ist für die Geldhäuser, wie die wirtschaftlichen Aussichten sind und ob die Investitions- und Kostenanalyse für die Vorhaben überzeugt. Auf Basis des Business Cases und der Bereitschaft, sich mit Eigenkapital zu beteiligen, legen alle die Konditionen individuell fest. In Berlin schaut die Sparkasse zudem mittlerweile genauer auf Materialbeschaffung und Personalakquisition.

Auf die Ertragskraft der Praxis kommt es an

Um die Kreditvergabe entsprechend der guten Bonität der Berufsgruppe so einfach wie möglich zu gestalten, stellt die Commerzbank bei der Praxisfinanzierung primär auf den Cashflow der Investition ab – sprich auf die Ertragskraft der Praxis. Eine Sprecherin erläuterte diesbezüglich: „Nach Abzug aller privaten Ausgaben sowie Zinsen der beantragten Finanzierung sollte noch ein ausreichender Liquiditätspuffer bestehen, der in der Regel auch gegeben ist.“ Auch bei der Commerzbank müssen Ärztinnen und Ärzte demzufolge bei der Cashflow-basierten Finanzierung keine werthaltigen Sicherheiten stellen. Dies erleichtert wesentlich den Kreditantrags- beziehungsweise Vergabeprozess.

Apobank-Experte rät: Brechen Sie nichts übers Knie!
Finanzexperten raten Ärztinnen und Ärzten trotz der steigenden Kreditzinsen davon ab, bei geplanten Investitionsvorhaben jetzt übereilt zu handeln, um sich noch günstigere Konditionen zu sichern. „Praxisübernahmen oder -gründungen sind weitreichende unternehmerische Entscheidungen, die gut überlegt und vorbereitet sein sollten“, betont Christoph Moschner, Leiter Vertriebsmanagement Kredit und Konto. Wenn allerdings alle grundlegenden Rahmenbedingungen des anstehenden Projekts geregelt seien, ergebe das Gespräch mit der Bank mit Blick auf die Zinsentwicklung eher heute als morgen Sinn, empfiehlt Moschner.

*Für junge Unternehmen und Freiberufler, die weniger als fünf Jahre am Markt sind, sowie für Vorhaben in vom Bund definierten Fördergebieten gelten etwas bessere Konditionen. Fördergebiete sind vorwiegend strukturschwache Regionen in Mittel- und Ostdeutschland.