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Steuern

Die Sache klingt so einfach: Pro Entfernungskilometer lassen sich für den Weg von Zuhause zur Arbeit 30 Cent steuerlich geltend machen. Ab 2021 steigt die Pauschale auf 35 Cent pro Kilometer. Absetzbar ist dabei die einfache Strecke. Konkret sieht Paragraf 9 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes vor, dass Fahrten zwischen Wohnung und so genannter erster Tätigkeitsstätte als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben steuerlich relevant sind. Der Knackpunkt: Wo genau befindet sich diese „erste Tätigkeitsstätte“?

Die Crux der ersten Tätigkeitsstätte

Wenn Ärzte jeden Arbeitstag von Daheim zur Praxis oder zum Krankenhaus fahren, handelt es sich um die erste Tätigkeitsstätte. Hier akzeptiert das Finanzamt nur die Entfernungspauschale. Richtig kompliziert aber kann die Abgrenzung sein, falls die Mediziner zum Beispiel in größeren Praxen an verschiedenen Standorten tätig sind – falls ihr Arbeitgeber sie beispielsweise in verschiedenen Spitälern einsetzt oder falls sie als Partner pendeln. Dann können höhere Werbungskosten anfallen. Die Details:

Die erste Tätigkeitsstätte bestimmt sich in der Regel aus dem Arbeitsvertrag oder aus mündlichen Absprachen, was anhand von Dokumenten wie Protokollnotizen, Verfügungen oder Reiserichtlinien gegenüber dem Finanzamt belegt werden kann. „Zur ersten Tätigkeitsstrecke rechnen Unternehmer und Mitarbeiter immer die kürzeste einfache Strecke als Werbungskosten ab“,sagt Gregor B. Sprißler, Steuerberater und Partner der Kanzlei Korte und Partner in Recklinghausen. Bei einer Fünf-Tage-Woche erscheinen höchstens 220 Arbeitstage akzeptabel. Maximal erkennen die Fiskaldiener 4.500 Euro im Jahr als Fahrtkosten an, wenn der Weg nicht mit dem Auto – also zum Beispiel per Pedes, per Fahrrad oder per Motorroller – zurückgelegt wird. Bei Fahrten mit Bus oder Bahn müssen höhere Aufwendungen nachgewiesen sein.

Wenn Ärzte mobil sind

Lässt sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch aus Notizen etwas herleiten und steuert der Arzt unterschiedliche Standorte an, wird es interessant. Hier ergibt sich die erste Tätigkeitsstätte daraus, an welchem Standort er normalerweise eingesetzt ist. Konkret zählt, wo er sich jede Woche mindestens zwei volle Tage, alternativ mindestens ein Drittel seiner Arbeitszeit aufhält. Beispiel: Der Partner einer Praxis fährt an vier Tagen in der Woche an den Standort A und einen Tag in der Woche zur anderen Praxis nach B. Mit der Entfernungspauschale rechnet er die Strecke nach A ab. Die Wegstrecke nach B allerdings kann er komplett – also hin und zurück – als Werbungskosten steuerlich geltend machen.

Tipp: Steuerzahler sollten in ihrem Kalender festhalten, an welchen Tagen sie von ihrer Wohnung direkt in die erste Tätigkeitsstätte gefahren sind. Wer etwa erst zum Patienten oder in eine andere Praxis/Krankenhaus geht, kann jeden Kilometer steuerlich geltend machen.

Wichtig: Inwieweit bei Geschäftswagenfahrern ein geldwerter Vorteil zu versteuern ist, hängst davon ab, wie oft der Steuerpflichtige den Dienstwagen für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte nutzt. Bei weniger als 15 Fahrten pro Monat, so meint der Bundesfinanzhof, sei der geldwerte Vorteil der einzelnen Fahrt mit 0,002 Prozent des Bruttolistenpreises plus Sonderausstattung pro Entfernungskilometer anzusetzen.

Keine erste Tätigkeitsstätte

Es kommt aber auch vor, dass Steuerzahler für den Fiskus gar keine erste Tätigkeitsstätte haben. Beispiel: Ein Arzt arbeitet mobil und ist nur vor Ort beim Patienten tätig. Die Fahrten dorthin sind dann voll absetzbar. Dann sind die Betreffenden für den Fiskus permanent auf Geschäftsreise. Sie dürfen viel mehr absetzen – in der Regel die gesamte gefahrene Strecke mit 30 Cent pro Kilometer als Reisekosten. Dazu können sich noch Verpflegungspauschbeträge addieren. Besser noch: Wird ein Firmenwagen genutzt, bleiben die Fahrten von zu Hause zum Einsatzgebiet steuerfrei.

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