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Steuern

Einer der Gründe, warum sich Bürger eine Reform wünschen, ist, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen, In den Augen der meisten Befragten profitieren vor allem Gutverdiener von Abzugsmöglichkeiten und Freibeträgen. Die Akzeptanz für Steuervergünstigungen steigt aber, wenn dadurch ein Ausgleich für besondere Umstände geschaffen wird. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des ZEW Mannheim.

Was die Bürger am Steuersystem stört

92 Prozent der Umfrageteilnehmer/innen halten das deutsche Steuersystem mit seinen vielen Vergünstigungen für „stark“ oder „eher“ vereinfachungsbedürftig. Die Studie zeigt, dass vor allem ältere Menschen ein einfacheres Steuersystem befürworten. Das Gleiche gilt für Bürger/innen, die die Steuererklärung in der derzeitigen Form für schwierig zu bewältigen halten. Nur 20 Prozent der Befragten, die angeben, ihre Steuererklärung selbst auszufüllen, empfinden das Verfassen der Steuererklärung als „leicht“ oder eher „leicht“.

Mehrheit lehnt Entschädigungen für selbst gewählte Lebensumstände ab

60 Prozent, also fast zwei Drittel aller Befragten, befürworten steuerliche Vergünstigungen für die Pflege von Angehörigen. Dagegen spricht sich mit 59 Prozent eine Mehrheit der Befragten gegen eine steuerliche Begünstigung von Pendlern/-innen aus. 66 Prozent der Umfrageteilnehmer/innen sind der Ansicht, dass Spenden für wohltätige Zwecke nicht steuerlich absetzbar sein sollten.

Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist, dass die Menschen in Deutschland Freibeträge und steuerliche Absetzbarkeit als sozial ungerecht wahrnehmen: Eine Mehrheit der Befragten ist der Ansicht, dass vor allem die oberen Einkommensklassen von diesen beiden Punkten profitieren.

Vorteile von Abzügen und Freibeträgen oftmals nicht bekannt

Weiteres Ergebnis: Die Unterstützung für ein einfaches Steuersystem geht zurück, wenn die Befragten Informationen über die Vorteile von Vergünstigungen erhalten. “Das spricht dafür, dass in der Öffentlichkeit das Bewusstsein dafür fehlt, warum es so viele Abzüge und Freibeträge gibt“, sagt Florian Buhlmann, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Soziale Sicherung und Verteilung“ und Mitautor der Studie.

Uneinigkeit über mögliche Reformen

Auf die Frage, wie eine Reform für das deutsche Steuersystem aussehen sollte, geben die Teilnehmer/innen keine einheitliche Antwort. Zwar möchten nur sechs Prozent das derzeitige System beibehalten. Aber es besteht Uneinigkeit bei der Frage, ob bei einer Reform auch die Vergünstigungen abgeschafft werden sollten. Zudem bevorzugen einige Teilnehmer/innen eine konstante Steuerrate, während sich andere ein progressiveres Steuersystem wünschen. Eine ebenfalls von manchen favorisierte Option besteht darin, die Steuersätze und Vergünstigungen nicht zu verändern, aber mithilfe vorausgefüllter Formulare die Steuererklärung zu vereinfachen.

Die Wissenschaftler stellen vor diesem Hintergrund fest, dass trotz des allgemeinen Wunsches nach Vereinfachung ein gesellschaftlicher Konsens fehlt, welche Reform erstrebenswert ist. Insofern verwundert es wenig, dass die Regelungen zur Einkommensteuer zuletzt zwischen 1996 und 2005 reformiert wurden.