Vererben: Wie Sie Pflichtteilsansprüche nach Ihren Vorstellungen beeinflussen

Vermögensinhaber können zu Lebzeiten genau bestimmen, wer im Erbfall bedacht werden soll und wer nicht. Allerdings schränken Gesetze die Freiheit des Erblassers ein, wenn er nicht frühzeitig handelt. Wie man manche Regelung elegant umgehen kann, weiß Versicherungsexperte Stefan Brähler.*
Die gesetzlichen Regelungen zu Pflichtteilsansprüchen sollen die Versorgung der engsten Familie sicherstellen. Aber es kann zahlreiche Gründe geben, warum einzelne Erben bevorzugt oder andere weniger bedacht werden sollten. Die einfachste Lösung scheinen frühzeitige Schenkungen zu Lebzeiten zu sein, doch auch hier müssen steuerliche und gesetzliche Vorgaben im Blick behalten werden. Die Schenkung hat zudem einen grundsätzlichen Nachteil: Der Schenkende trennt sich von seinem Vermögen. Das muss nicht sein. Es gibt eine elegante Lösung, die noch zusätzlich Steuervorteile bringen kann.
Unwiderrufliche Bezugsberechtigung
Wer sein Vermögen in einer Versicherungsstruktur verwalten lässt, kann eine sogenannte „unwiderrufliche Bezugsberechtigung“ einrichten. Damit wird zum Beispiel der Lieblingstochter von Herrn Schmitt ein bindender Anspruch gegen die Versicherungsgesellschaft eingeräumt, wenn der Erbfall eintritt. Er bestimmt weiter die Anlagestrategie. Das bloße Einsetzen der Tochter als Bezugsberechtigte löst zu diesem Zeitpunkt keine Erbschaft- oder Schenkungssteuer aus. Herr Schmitt bleibt zu Lebzeiten Eigentümer des Vermögens. Sollte sich an seinen Zielen etwas ändern, weil etwa das Kapital im Alter doch selbst gebraucht wird, ist das keine große Sache. Herr Schmitt könnte gemeinsam mit seiner Tochter die „unwiderrufliche Bezugsberechtigung“ durch ein formloses Schreiben einfach aufheben.
Trotz dieser Flexibilität wirkt das Ganze bei der Pflichtteilsbehandlung so, als ob die Tochter alle Ansprüche am Vermögen sofort erhält. Nach den gesetzlichen Regelungen zu den Pflichtteilsergänzungsansprüchen wird das per Bezugsberechtigung übertragene Kapital jedes Jahr um zehn Prozent weniger angerechnet. Tritt der Erbfall also zum Beispiel nach acht Jahren ein, unterliegen 80 Prozent des so vererbten Vermögens nicht mehr den Pflichtteilsansprüchen anderer enger Verwandter. Nach zehn Jahren sind sie vollständig verjährt.
Steuervorteile
Ein zusätzlicher Pluspunkt bei der Konstruktion sind die Steuervorteile. Während der Vertragslaufzeit werden sämtliche Erträge innerhalb einer solchen Versicherungsstruktur abgeltungssteuerfrei angesammelt. Erfolgt die Auszahlung im Erbfall, erhält die Tochter als Bezugsberechtigte auch alle bis dahin angefallenen Erträge wie Zinsen, Dividenden, Kursgewinne endgültig einkommen- bzw. abgeltungsteuerfrei. Die Nutzung von Versicherungsstrukturen zum gezielten Vererben bietet unter dem Strich viele Vorteile und nicht zuletzt ein Stück weit Unabhängigkeit von starren Pflichtteilsregelungen.
*Der Autor: Stefan Brähler ist Geschäftsführer der Confidema GmbH in Friedrichsdorf.
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