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Corona-News

In mehr als 26,36 Millionen Fällen haben sich Menschen in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts inzwischen mit SARS-CoV-2 infiziert. Ärzte und Ärztinnen sind seit dem Beginn der Pandemie besonders gefährdet, sich anzustecken. Während die Inzidenzen zeitweise wieder etwas sinken, reißen die Diskussionen über mögliche Auswirkungen auf den Versicherungsschutz nicht ab.

Wiederholt ist zum Beispiel im Internet zu lesen, dass eine durchgemachte Corona-Infektion den Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) erschwert, die für Heilberufler wichtig ist (siehe Infokasten). Immerhin ringt laut Studien bis zu jeder dritte Infizierte auch bei leichten Verläufen noch Monate danach mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Atemnot, Schwindel oder Erschöpfung.

Umfrage unter Versicherern

Das Wirtschaftsmagazin „Capital“ hat deshalb im Juni fünf große Versicherer nach ihrer Annahmepraxis bei potenziellen Neukunden befragt, die eine Corona-Infektion durchgemacht haben. Wie schon im vergangenen Jahr teilten die Gesellschaften der Zeitschrift mit, dass COVID-19 bei ihrer Risikoprüfung wie jede andere Erkrankung auch behandelt werde. Aktuell sei weder geplant, die Tarif- und Preispolitik zu ändern, noch, Unterscheidungen nach dem Impfstatus der Kundinnen und Kunden zu machen.

Doch viele Assekuranzen sind offenbar strenger geworden. Wer eine private Kranken-, Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung abschließen will, müsse sich besonders bei Long-COVID auf langwierigere Aufnahmeprozesse einstellen, heißt es in dem Bericht. Mitunter würden Zuschläge fällig und Anträge ausgesetzt.

Laut dem „Capital“-Bericht agiert so auch die Debeka, Deutschlands größter privater Krankenversicherer. Wer wegen des Coronavirus nicht zum Arzt musste, wird dort demzufolge in der Regel problemlos aufgenommen. Allerdings stelle man bei mäßigen oder schweren Verläufen sowie bei Long-COVID die Anträge potenzieller Neukunden bis zur vollständigen Genesung zurück. „Dann prüfen wir individuell, nach welchem Zeitraum nach der Genesung eine Aufnahme möglich ist“, wird die Debeka dazu zitiert.

Ähnlich würden die R+V und Signal Iduna verfahren, schreibt „Capital“. Wer noch unter Long-COVID leidet, müsse mit einem Risikozuschlag rechnen. Für Neuabschlüsse von Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherungen sei ein folgenloser Krankheitsverlauf ebenfalls entscheidend. Die Axa nimmt nur vollständig Genesene „in der Regel zu den üblichen Konditionen“ auf, berichtet die Zeitschrift. Wer dagegen Folgesymptome bei der Gesundheitsprüfung angibt, muss demnach damit rechnen, dass der Antrag kritisch geprüft wird. Die Allianz rate daher, die fortschreitende Heilung abzuwarten.

Beobachtung von Beratern

Ärzteberater bestätigen, dass es für Corona-Erkrankte bisweilen nicht mehr so leicht ist, eine BU-Police zu bekommen. Wer an COVID-19 erkrankt ist oder war, erhalte von Versicherern immer öfter eine Wartezeit auferlegt, um die individuellen Langzeitfolgen der Krankheit besser abschätzen zu können, sagte Miriam Michelsen im Frühjahr dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND). Sie ist Leiterin der Bereiche Altersvorsorge und Krankenversicherung bei der Finanzberatung MLP, die auch solche Policen vermittelt. Der Grund liegt auf der Hand: Wenn BU-Versicherte berufsunfähig werden, kann es für die Versicherungskonzerne teuer werden. Laut Michelsen hängt es vom Gesundheitszustand und Verlauf der Corona-Infektion ab, ob man überhaupt einen Vertrag erhalte und zu welchem Preis.

Wie die Versicherer mit einer COVID-19-Erkrankung umgehen, ist extrem unterschiedlich: Gegenüber dem „RND“ nannte zum Beispiel die Alte Leipziger bei BU-Suchenden mit vorangegangener schwerer Corona-Erkrankung als groben Daumenwert eine Wartezeit von einem halben bis ganzen Jahr, bis sie dann eventuell noch versichert werden können. Bei weniger schweren Fällen betrage die Spanne ein bis drei Monate. Die Stuttgarter Lebensversicherung stellt laut dem Bericht des „RND“ noch akut Erkrankte grundsätzlich rund drei Monate zurück.

Bei der Nürnberger betragen die Wartezeiten im Fall von Corona-Symptomen wie Geruchs- und Geschmacksverlust demzufolge in der Regel ein Jahr. Wer danach symptomfrei sei, könne einen neuen Antrag stellen. Prinzipiell schlechte Chancen auf einen Vertrag haben hingegen alle, die nach einer COVID-19-Infektion dauerhaft beeinträchtigt sind.

„Grundsätzlich unterscheidet sich die Risikoprüfung von Ärztinnen und Ärzten nach einer Corona-Infektion nicht von der anderer Berufsgruppen“, ergänzt MLP-Expertin Michelsen. Das bedeutet, dass je nach Verlauf weitere Rückfragen des Versicherers wahrscheinlich sind und je nach Schwere oder Dauer der Erkrankung der Antrag auch zurückgestellt werden kann. Demnach gelten bei Niedergelassenen die gleichen Kriterien: Vom Vertragsabschluss, über drei bis zwölf Monate Wartezeit bis zur Ablehnung sei alles möglich, betont sie.

Vor der Antragstellung könne es sinnvoll sein, bei mehreren Versicherern eine Risikovoranfrage zu stellen. Dabei gibt jede Assekuranz eine Bewertung ab, ob und zu welchen Bedingungen eine Person versichert werden kann. „Im Zweifel lohnt es sich, diese Risikovoranfragen zu vergleichen, um das am besten geeignete Angebot zu ermitteln“, erklärt Michelsen.

Klarstellung des Branchenverbands

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat bereits 2021 versucht, mit den verschiedenen Gerüchten aufzuräumen und Sorgen auszuräumen. Er teilte im vergangenen Frühjahr mit, dass sowohl beim Abschluss von Berufsunfähigkeitsversicherungen als auch bei der Leistungsprüfung für Kundinnen und Kunden mit einer Corona-Infektion die ganz normalen Regeln gelten: Werden Versicherte berufsunfähig, das heißt, sie können ihren Beruf nur noch zu höchstens 50 Prozent ausüben, erhalten sie die vereinbarte Leistung. Das gilt laut dem GDV auch dann, wenn eine Corona-Erkrankung die Ursache für die Berufsunfähigkeit ist. „Wird eine versicherte Person durch die Langzeitfolgen einer Infektion mit COVID-19 oder durch einen Impfschaden berufsunfähig, dann zahlt die Versicherung ohne Wenn und Aber“, betonte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen in einer Stellungnahme.

Auch bei der Gesundheitsprüfung gibt es nach Aussage der Branchenvertretung für COVID-19 keine Sonderregel: Branchenweit sei es üblich, dass eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden kann, sofern eine vorangegangene Krankheit vollständig ausgeheilt ist und sich auch aus der Behandlung der Krankheit keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit ergeben haben.

Wird im Antrag nach allgemeinen Infektionen und Erkrankungen der Atmungsorgane gefragt, sollten Sie Ihre Corona-Erkrankung als Antragsteller unbedingt angeben, um nicht Gefahr zu laufen, später im Versicherungsfall leer auszugehen.
Wenn nach einer Corona-Erkrankung weiterhin gesundheitliche Einschränkungen bestehen, beispielsweise eine dauerhafte Lungenschädigung, gibt es laut dem GDV zwei Optionen: Der Versicherer prüft, ob deswegen eine erhöhte Versicherungsprämie notwendig ist oder ob auch der Versicherungsschutz eingeschränkt werden muss. Eine Corona-Impfung habe dabei weder negative noch positive Folgen.

Berufsunfähigkeit
Darum ist die private Absicherung wichtig für Ärztinnen und Ärzte

Statistisch gesehen wird jeder beziehungsweise jede Vierte im Laufe des Arbeitslebens einmal berufsunfähig. Das belegt eine Datenanalyse der Deutschen Aktuarvereinigung im Jahr 2018. Ein Unfall ist demzufolge nur selten die Ursache. Es sind überwiegend andere Erkrankungen — vor allem psychische Belastungen sind immer häufiger der Auslöser. Auch Ärztinnen und Ärzte sind stressbedingt regelmäßig betroffen.

Die Versorgungswerke leisten in der Regel nur, wenn eine vollständige Berufsunfähigkeit vorliegt. Private Versicherungen zahlen dagegen bereits bei einem Berufsunfähigkeitsgrad von 50 Prozent, wenn die Betroffenen voraussichtlich mindestens sechs Monate aus gesundheitlichen Gründen nicht in dem zuletzt ausgeübten Job arbeiten können. Absichern lassen sich damit oft 50 bis 70 Prozent des Bruttoeinkommens. Je früher im Leben der Vertragsabschluss, desto geringer sind die Versicherungsbeiträge.