Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie: Ältere Menschen sollen Hochdosis-Impfstoff erhalten
Marzena SickingIm Vergleich zu konventionellen Influenza-Impfstoffen erzielt ein Impfstoff mit der vierfachen Antigenmenge eine verbesserte Impfeffektivität bei Älteren. Dieser Vorteil soll jetzt auch in der Schutzimpfungs-Richtlinie berücksichtigt werden.
Bereits seit einigen Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Anwendung von quadrivalenten Influenza-Impfstoffen für die jährliche Grippeimpfung. Bislang war jedoch nicht festgelegt, welcher der verfügbaren Impfstofftypen verwendet werden soll. Im November letzten Jahres hat die STIKO ihre Empfehlungen für ältere Patienten konkretisiert und im Epidemiologischen Bulletin 1/2021 veröffentlicht.
Demnach sollen künftig alle Personen ab einem Alter von 60 Jahren ausdrücklich nur noch mit einem inaktivierten quadrivalenten Influenza-Hochdosis-Impfstoff mit aktueller, von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlener Antigenkombination geimpft werden. Aktuell ist in Deutschland nur ein entsprechender Impfstoff verfügbar, der bislang für Erwachsene ab 65 Jahren zugelassen ist. Bis zur erwarteten Zulassungserweiterung für Personen ab 60 Jahren können 60- bis 64-Jährige übergangsweise weiterhin mit den konventionellen Impfstoffen geimpft werden.
Hochdosis-Impfstoff für alle Personen ab 60 bzw. 65 Jahren
Der STIKO-Empfehlung folgend hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) jetzt eine entsprechende Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie beschlossen. Demnach sollen alle gesetzlich Versicherten ab 60 bzw. 65 Jahren Anspruch auf eine Influenza-Impfung mit einem Hochdosis-Impfstoff haben. Das gilt nicht nur für die Standard- und Indikationsimpfung, sondern auch bei beruflicher Indikation oder Reiseindikation.
Beschluss zur Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie tritt zum 1. April 2021 in Kraft
Der Beschluss wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt. Er tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger zum 1. April 2021 in Kraft. Die Änderung der Schutzimpfungs-Richtlinie ermöglicht die rechtzeitige Planung der Impfstoff-Beschaffung für die Grippesaison 2021/22.
Erhöhte Antigenmenge für verbesserte Immunantwort
Weil mit steigendem Alter die Leistungsfähigkeit des Immunsystems nachlässt, sprechen Senioren in der Regel nicht so gut auf Impfungen an wie jüngere Patienten. Um bei älteren Menschen eine verbesserte Immunantwort hervorzurufen, enthält der Hochdosis-Impfstoff die vierfache Antigenmenge im Vergleich zu konventionellen Influenza-Impfstoffen. Daraus resultiert nach Einschätzung der STIKO eine moderat, aber signifikant verbesserte Wirksamkeit in dieser Personengruppe.
Die STIKO geht davon aus, dass durch die Verwendung des Hochdosis-Impfstoffes bei Älteren die Krankheitslast durch Influenza in der Bevölkerung reduziert werden kann. So haben Modellberechnungen gezeigt, dass in einer durchschnittlichen Grippesaison 162 Todesfälle, 314 Hospitalisierungen und mehr als 23.000 zusätzliche Influenza-bedingte Arztkonsultationen verhindert werden könnten.
Niedrige Impfquote trotz STIKO-Empfehlung
Bereits seit 1982 empfiehlt die STIKO die jährliche Influenza-Impfung für Personen ab einem Alter von 60 Jahren. Trotzdem nimmt die Impfbereitschaft bei den Über-60-Jährigen in Deutschland kontinuierlich ab. Während die Impfquote 2008 noch bei 48 Prozent lag, sind mittlerweile durchschnittlich nur etwa 35 Prozent der Menschen dieser Altersgruppe gegen Influenza geimpft.
Die verbesserte Wirksamkeit des Hochdosis-Impfstoffes könnte laut STIKO zu einer höheren Impfakzeptanz bei älteren Menschen führen. Voraussetzung ist, dass Ärztinnen und Ärzte den Zusatznutzen der Hochdosis-Impfung sowie den Nutzen einer Influenza-Impfung generell an ihre Patienten kommunizieren.