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Dieser Frage widmete sich vergangenen Herbst die Fachtagung „Tobacco Harm Reduction – Innovative Rauchentwöhnungsstrategien“ in Frankfurt am Main. Gleich zu Beginn zeichnete der Organisator der Veranstaltung, Prof. Heino Stöver, geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung an der Frankfurt University of Applied Sciences, ein düsteres Bild: „Kurz gesagt: In Deutschland stehen wir in Sachen Tabakkontrolle auf Entwicklungsland-Niveau. Unsere Politik basiert zu wenig auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und es fehlt an klaren Zielen.“ Bislang gibt es nur wenige Erkenntnisse, was wirklich dabei hilft, mit dem Rauchen aufzuhören.

Die wichtigsten Ergebnisse der aktuellen RauS-Studie

Eine der wenigen Forschungsarbeiten, die sich damit auseinandersetzen, ist die Rauchstopp-Studie RauS. Dr. Bernd Werse, Soziologe und leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Drug Research der Goethe-Universität Frankfurt, fasste die wichtigsten Ergebnisse zusammen: „93 Prozent der Befragten haben bereits versucht, von der Zigarette loszukommen. Neben E-Zigaretten gaben die Befragten die eigene Willenskraft als wichtigstes Mittel im Kampf gegen die Tabakzigarette an.“

Ebenfalls interessant: Die Angst vor körperlichen und seelischen Entzugserscheinungen bei einem Rauchstopp scheint überbewertet. Laut RauS-Studie haben Entzugssymptome beim Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, offenbar keine nennenswerte Bedeutung. Vielmehr stellt sich die Ritualisierung des Rauchens als größtes Hemmnis für einen Rauchstopp dar. Demnach sollte dringend überdacht werden, ob der Fokus auf Nikotinabhängigkeit bei der Rauchentwöhnung grundsätzlich sinnvoll ist.

Über die E-Zigarette zum Nichtraucher?

Diskussionswürdig ist auch der Einsatz von E-Zigaretten auf dem Weg zum Rauchstopp. Gegner befürchten pulmonale Risiken und Langzeitgesundheitsschäden im kardiovaskulären Bereich. Befürworter wie Prof. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie am Städtischen Klinikum Karlsruhe, sieht eher die Vorteile. „Dual Use, also das Ersetzen einer gewissen Menge Zigaretten durch die E-Zigarette, führt zu keiner Erhöhung des Schadens. Jede nicht gerauchte Zigarette ist ein Gewinn.“ Aus der Praxis berichtete er, dass sich auch Patienten, die nicht vorhaben, das Rauchen aufzugeben, durch E-Zigaretten zu einem Umdenken und der Reduktion des Konsums bewegen ließen. „Dual User:innen weisen eine erhebliche Verringerung des Zigarettenkonsums und damit auch der gesundheitlichen Folgen auf“, so Storck.

Was macht das Ausland für den Nichtraucherschutz?

„Akzeptanz und attraktive Alternativen sind bei allen Maßnahmen der Prävention entscheidend. Das gilt bei harten Drogen wie Crack und Heroin genau wie beim Tabak“, erklärte Dr. Artur Schroers, Drogenbeauftragter der Stadt Frankfurt. 

Ein Land, in dem solche Alternativen den Zigarettenkonsum massiv reduzieren konnten, ist Schweden. „Durch Snus (Oraltabak; Anm. d. Redaktion) und Nikotinpouches (tabakfreie Nikotinbeutel zur oralen Anwendung; Anm. d. Redaktion) ist es Schweden gelungen, die Raucher:innenquote unter fünf Prozent zu drücken. Das Land gilt damit als rauchfrei. Schweden ist damit das beste Beispiel dafür, dass ein weniger schädliches Nikotinprodukt Leben rettet“, resümierte Stöver.

Nichtraucherschutz in Neuseeland als Vorbild

Neuseeland hat sich – anders als Deutschland – immer darum bemüht, die Quote der Rauchenden zu senken, egal welche Partei an der Regierung war. Bis 2025 möchte das Land rauchfrei sein.

Quelle:

Fachtagung „Tobacco Harm Reduction – Innovative Rauchentwöhnungsstrategien“ am 18. Oktober 2023 (online)