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Onkologie

Allein in Deutschland leiden schätzungsweise rund 300.000 Menschen unter dem hereditären nicht-polypösen kolorektalen Karzinom (HNPCC) – auch bekannt als Lynch-Syndrom. Dabei handelt es sich um das häufigste erbliche Darmkrebs-Syndrom. So gehen etwa zwei bis drei Prozent aller Dickdarmkrebserkrankungen auf das Konto des Lynch-Syndroms.

Risiko schlummert in Genen

Ursache hierfür sind Gendefekte in DNA-Reparaturmechanismen. Werden diese Mutationen weitervererbt, tragen auch die Nachkommen der Betroffenen ein hohes Risiko, bereits in jungen Jahren an Dickdarmkrebs zu erkranken.

Um das Risiko im Blick zu behalten, sollte alle ein bis zwei Jahre eine Koloskopie durchgeführt werden. „Doch trotz einer solchen regelmäßigen endoskopischen Überwachung ist das Risiko für Darmkrebs bei den Betroffenen weiterhin erhöht“, so Prof. Jacob Nattermann, Leiter der Sektion Hepato-Gastroenterologie an der Medizinischen Klinik I des Universitätsklinikums Bonn (UKB).

Insbesondere bei kleinen und flachen Adenomen bestehe das Risiko, dass diese auch von erfahrenen Gastroenterologen übersehen werden.

Das Optimum herausholen

In einer randomisierten kontrollierten Pilotstudie hat Nattermann zusammen mit weiteren Forschenden vom UKB, dem Nationalen Zentrum für erbliche Tumorerkrankungen (NZET) und der Universität Leipzig untersucht, ob sich die Adenom-Detektionsrate mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) steigern lässt.

In die Auswertung flossen die Daten von insgesamt 96 erwachsenen Patientinnen und Patienten mit Lynch-Syndrom ein. Diese hatten sich zwischen Dezember 2021 und Dezember 2022 entweder einer Standardendoskopie (n = 46) oder einer KI-unterstützten Koloskopie (n = 50) unterzogen.

Dabei stellte sich heraus, dass bei den KI-unterstützten Untersuchungen deutlich mehr Adenome detektiert wurden als bei den Standarduntersuchungen (36 % vs. 26,1 %). Laut Studienautoren war dies vor allem auf eine signifikant verbesserte Erkennung flacher Adenome zurückzuführen. „Aufgrund der kleinen Stichprobe ist basierend auf diesen Ergebnissen nun unter Führung unserer Abteilung eine größere multizentrische Studie geplant“, kündigte Nattermann an.