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Medizin

Die aktuellen BPI Pharma-Daten wie auch die vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgelegten Finanzergebnisse der GKV zeigen: Trotz alternder Gesellschaft und neuer Therapieoptionen entfallen nur rund 8 Prozent der GKV-Ausgaben auf die pharmazeutische Industrie für die Versorgung mit Arzneimitteln im ambulanten Bereich. Von den GKV-Gesamtausgaben von 227 Mrd. Euro im Jahr 2016 wurden rund 18 Mrd. Euro dafür ausgegeben.

Weitere Ergebnisse aus den BMG-Daten

Die Krankenkassen konnten ihre Überschüsse schon in den ersten drei Quartalen 2017 um weitere 2,5 Mrd. Euro erhöhen. Für den Gesundheitsfonds wird bis Ende 2017 eine Rücklage von über 8,5 Mrd. Euro erwartet. Insgesamt liegen die Rücklagen damit zum Jahresende bei über 27 Mrd. Euro.

Leistungen und Ausgaben GKV 2016. Quelle: obs/BPI Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie

Leistungen und Ausgaben GKV 2016. Quelle: obs/BPI Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie

Eine komfortable Situation, zu der die von den Versicherern so oft gescholtene pharmazeutische Industrie durchaus beiträgt: So zeigen die Analysen der Pharma-Daten, dass die Einsparungen etwa durch Zwangsabschläge seit 2010 auf rund 16 Mrd. Euro kumulieren. In 2016 und 2017 betrug diese Belastung der Industrie jeweils rund 1,7 Mrd. Euro. Außerdem wurden in 2016 fast 4 Mrd. Euro durch vereinbarte Arzneimittelrabattverträge eingespart, und dabei sind Preismoratorium, erweitertes Preismoratorium, Festbeträge, AMNOG & Co. noch nicht berücksichtigt.

Spardruck auf die Pharmazeutische Industrie wächst

Fair sei der Umgang mit der Industrie nicht, meint Dr. Norbert Gerbsch: “Während die GKV ihre finanziellen Spielräume weiter ausbaut, wird der Spardruck auf die Pharmazeutische Industrie immer weiter verschärft, beispielsweise bei der Bildung von Festbetragsgruppen.” Hier würden beispielsweise unterschiedliche Darreichungsformen zunehmend ignoriert: “ob Spritze oder Pen, Tablette oder Saft, alle landen in der gleichen Gruppe”. Für Patienten mit Schluckbeschwerden mache es aber einen Unterschied, ob ein Präparat als Saft oder als Tablette verfügbar ist, und für die Herstellungskosten auch. “Manche dieser Darreichungsformen erreichen daher nie den deutschen Markt, verschwinden wieder oder werden erst gar nicht entwickelt.”

Gerbsch fordert deshalb, dass der der GKV-Spitzenverband hier “mit Augenmaß agiert” oder der Gesetzgeber für eine schnelle Korrektur sorgt. Die neue Regierung müsse die richtigen Weichen stellen, um den Wirtschafts- und Innovationsstandort Deutschland zu stärken und negative Auswirkungen der bisherigen Arzneimittelpolitik, wie Lieferengpässe und Marktrückzüge, zu korrigieren.