Minijobs: Praxisinhaber müssen Arbeitsverträge anpassen, sonst drohen Nachzahlungen

Zum 1. Januar 2019 ist das neue Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in Kraft getreten. Das Gesetz enthält eine entscheidende Änderung, die “Minijobber” und Praxisinhaber in ihrer Funktion als Arbeitgeber unbedingt berücksichtigen sollten. Sie betrifft die “Arbeit auf Abruf” und im Durchgriff auch die geringfügigen Beschäftigungen ohne schriftliche Arbeitsverträge. Über die Folgen informieren die Radloff, Ploch &Partner mbB und Rechtsanwalt Julian Senkpeil aus Dortmund.
Minijobs werden in der Arbeitswelt oft als Abruf-Arbeit ausgeführt. Auch Ärzte nutzen dieses Modell gerne in ihrer Praxis, vor allem um flexibel auf Sonderfaktoren (z.B. bei Personalausfall durch Krankheitsfälle) reagieren zu können.
Doch seit Januar 2019 genügt es nicht mehr, allein den Stundenlohn – im Rahmen der sonst üblichen Stundenaufzeichnungen – zu dokumentieren. Praxisinhaber müssen die Arbeitszeit konkret festschreiben, sonst unterstellt künftig u.a. die deutsche Rentenversicherung, dass der entsprechende Arbeitnehmer 20 Stunden pro Woche arbeitet (im Kontext BGH, Urteil vom 24.09.2014 – 5 AZR 1024/12). Dann werden entsprechende Zahlungen fällig.
So sind Sie auf der sicheren Seite
Ärzte und ihre Arbeitnehmer können selbstverständlich vereinbaren, dass die Aushilfe ihre Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (sog. Arbeit auf Abruf). Die Vereinbarung muss allerdings eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festlegen.
Wenn die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vertraglich nicht festgelegt ist, galt bislang eine Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart. Zudem hat der Arbeitgeber die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers jeweils für mindestens drei aufeinander folgende Stunden in Anspruch zu nehmen. ABER: Seit dem 01.01.2019 gelten nicht mehr 10, sondern 20 Stunden als vereinbart (§ 12 Abs. 1 TzBfG). Die Empfehlung an Sie als Arbeitgeber lautet daher, legen Sie die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit unbedingt fest.
Schriftliche Vereinbarung ist ein Muss
Existieren keine schriftlichen Vereinbarungen zur Arbeitszeit, werden nun 20 Wochenstunden als vereinbart angesehen. Bei einem Mindestlohn von 9,19 €/Std wären das 183,90 € Wochenlohn und – je nach Länge des Monats – rund 740 € Monatslohn. Die 450-€-Grenze wird so schnell überschritten.
Ist keine tägliche Arbeitszeit festgelegt, muss der Arbeitnehmer täglich mindestens drei Stunden durchgängig beschäftigt werden. Ist eine wöchentliche Mindestarbeitszeit vereinbart, darf zusätzlich höchstens 25 % der vereinbarten Mindestarbeitszeit abgerufen werden.
Ist eine wöchentliche Höchstarbeitszeit vereinbart, muss 80 % dieser Arbeitszeit abgerufen werden. Arbeitgeber müssen die Abruf-Arbeit mindestens vier Tage im Voraus ankündigen.
Plötzlich mehr sozialversicherungspflichtige Jobs in der Praxis
Wenn Sie Abrufarbeitsverträge (Minijobs) unverändert lassen, werden daraus schnell sozialversicherungspflichtige Jobs, weil die Geringfügigkeitsgrenze von 450 € überschritten wird. Diese Einstufung hat nicht nur Nachteile für den Praxisinhaber, der sehr wahrscheinlich mit sehr hohen Nachzahlungsforderungen der Sozialversicherungsträger zu rechnen hat, auch für den Arbeitnehmer bedeutet diese Einstufung, dass es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn handelt, der auch in weiten Bereichen als Berechnungsgrundlage dient.
„Ob dies rechtens ist, wenn die praktische Handhabung in der Vergangenheit eine andere war, wird sich zeigen müssen“, so Julian Senkpeil, der sich als Fachanwalt für Arbeitsrecht mit der rechtlichen Entwicklung auseinandersetzt. „Auch wird zu klären sein, wann tatsächlich eine “Arbeit auf Abruf” vorliegt. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, auch bei geringfügig Beschäftigten die wöchentlich zu erbringende Arbeitszeit schriftlich zu fixieren. Das reine Ausfüllen des Personalfragebogens könnte allein nicht mehr ausreichend sein“, fügt Jan Radloff, einer der Partner von Radloff, Ploch & Partner mbB hinzu.

Dennis Janz

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