Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Buchhaltung

Eigentlich war der Fall nicht außergewöhnlich. Ein siebenjähriger Junge kommt zusammen mit seiner Mutter zum Arzt. Das Kind hat eine Schnittverletzung, die es zu versorgen gilt. Im Vorfeld der Behandlung gibt die Mutter auch gleich ihr schriftliches Einverständnis, dass die Daten des Filius für die Privatliquidation an einen Abrechnungsdienstleister weitergegeben werden dürfen. Ein Standardverfahren.

Alles andere als standardisiert war jedoch das Nachspiel, das folgte, als Mutter und Sohn mit der frisch versorgten Wunde nach Hause kamen. Der Kindsvater verweigerte nämlich die Zahlung an die Abrechnungsstelle. Sein Argument: Die Einwilligung in die Weitergabe der Daten seines Sohnes an den Dienstleister sei unwirksam, da sie lediglich von der Mutter und nicht von beiden Eltern erteilt worden sei. Damit sei zugleich ganze Honorarabtretung nichtig – und seine Zahlungspflicht entfalle.

Der Fall ging vor Gericht.

Im Zweifel für den Datenschutz

In erster Instanz vor dem Amtsgericht Mannheim gewann noch die Verrechnungsstelle (Az. 18 C 201/13). Die zweite Instanz jedoch kassierte diese Entscheidung und schlug sich auf die Seite des Vaters: Das Recht eines (minderjährigen) Patienten, über die Verwendung der personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, sei eine zentrale Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, das durch Artikel zwei des Grundgesetzes geschützt sei.

Da die Rechtsprechung bei schweren medizinischen Eingriffen an Kindern die Zustimmung beider Elternteile explizit verlange, erscheine es sinnvoll, dies auch für die Weitergabe personenbezogener Gesundheitsdaten nicht selbst einwilligungsfähiger Minderjähriger zu fordern. Nur dies entspräche auch dem Willen des Gesetzgebers, beim Erlass des Patientenrechtegesetzes ein möglichst hohes Schutzniveau der datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu verankern. Der Arzt habe diese Einschränkung seiner Berufsausübungsfreiheit zugunsten eines möglichst hohen Schutzes der Patientendaten hinzunehmen (Landgericht Mannheim, Az. 10 S 44/14).

So verhindern Sie Honorarausfälle bei der Behandlung Minderjähriger

Das Urteil des Landgerichts Mannheim bedeutet für die Ärzteschaft vor allem eines: Rechtsunsicherheit und Mehrarbeit – und zwar mindestens so lange, bis eine höchstrichterliche Entscheidung zu diesem Thema ergangen ist. Und das kann dauern.

Die in zweiter Instanz unterlegene Abrechnungsstelle hat gegen  die Entscheidung des Landgerichts zwar Revision zum Bundesgerichtshof eingelegt. Doch das Urteil der Karlsruher Richter wird selbst im besten Fall noch eine Weile auf sich warten lassen.

Bis dahin bleiben die Auswirkungen auf die Honorarabtretung an privatärztliche Verrechnungsstellen bei minderjährigen Patienten erheblich.

Keine unautorisierte Weitergabe

Denn auch weiterhin gilt: Bei Abtretung einer Forderung an eine Abrechnungsstelle müssen Ärzte alle zur Geltendmachung der Forderung nötigen Auskünfte erteilen und dem Dienstleister die zum Beweis der Forderung dienenden Urkunden auszuhändigen. Da darunter auch sensible Patientendaten, wie zum Beispiel Diagnoseschlüssel fallen, kann die Weitergabe eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht bedeuten. Um das zu verhindern, braucht der Niedergelassene daher die Einwilligung des Patienten – oder seiner gesetzlichen Vertreter.

Die Tatsache, dass das Urteil bei Minderjährigen Patienten nun explizit eine Einwilligung beider Elternteile fordert, wirft in der Praxis erhebliche Probleme auf. Im Regelfall begleitet schließlich nur ein Elternteil das Kind zur Behandlung. Eine Unterschrift beider Elternteile in der Einwilligungserklärung zu erlangen, wird daher nur in Ausnahmefällen möglich sein.

Experten raten daher dazu, den anwesenden Elternteil schriftlich zusichern zu lassen, dass der andere Elternteil ebenfalls mit der Datenweitergabe einverstanden sei. Ob eine solche Zusicherung ohne Vollmacht des so vertretenen auch gerichtsfest ist, bleibt freilich abzuwarten.