Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Buchhaltung

So mancher Hausarzt ist überrascht, wenn er erkennt, dass er ökonomisch und von seinem persönlichen Einsatz her am großen Rad dreht, der wirtschaftliche Erfolg aber trotzdem vergleichsweise bescheiden bleibt. Eine Umsatzrendite unter 50 Prozent wird die wenigsten Ärzte zufriedenstellen. Das Ziel, 53 Prozent Umsatzrendite zu erreichen, wie es viele Experten als realistisch für eine durchschnittliche Arztpraxis bezeichnen, ist somit eine erstrebenswerte Perspektive. Die meisten Praxen liegen übrigens im Bereich zwischen 44 und 57 Prozent. Wer auf unter 40 Prozent kommt, steuert langsam aber sicher auf eine wirtschaftliche Krise zu und muss ohnehin Gegenmaßnahmen ergreifen.

Es macht ohnehin keinen Sinn, mit Tunnelblick darauf zu warten, dass sich die Ertragslage aufgrund von Initiativen von oben verbessert. Die Versprechen der Politiker oder der ärztlichen Berufsvertretungen sind erfahrungsgemäß mit Vorsicht zu genießen. Der wirtschaftliche Erfolg, gemessen an der Umsatzrendite des Unternehmens, kann nur durch eigene Initiativen in der Praxis erarbeitet werden.

Beenden Sie den Blindflug in die Zukunft

Zum Start ist es sinnvoll, die eigene Praxis auf den Prüfstand zu stellen. Bei der Entwicklung eines entsprechenden Handlungskonzepts kann professionelle Unterstützung sinnvoll sein, meistens kann man sich diese Investition aber eigentlich sparen. Es ist durchaus Erfolg versprechend, zunächst mit Bordmitteln zu arbeiten und das Verbesserungspotenzial fürs Unternehmen durch systematische Aufarbeitung der Stärken und Schwächen zu lokalisieren. In der Praxis ist es ohnehin oft so, dass Ärzte die Schwachstellen ihres Unternehmens längst zur Genüge kennen, aus Angst vor Konflikten aber davor zurückschrecken, die erforderlichen Umstrukturierungen auf den Weg zu bringen.

Beim Relaunch der Praxis sollte der Arzt eine Doppelstrategie verfolgen, die einerseits darauf ausgerichtet ist, den Umsatz durch Fallzahl, Leistungsumfang, Leistungsstruktur, Selbstzahlerleistungen zu steigern und andererseits die Praxiskosten zu senken. Die weitgehende Pauschalierung der hausärztlichen Leistungen erfordert, die Performance der Praxis kritisch zu überprüfen. Grundsätzlich gilt: Neue Patienten braucht die Praxis, der Patientenstamm muss erhalten werden. Patientenbindung durch Patientenzufriedenheit muss das Leitmotiv fürs Praxisteam sein.

Personalkosten bei durchschnittlich 50 Prozent

Die Personalkosten erreichen durchschnittlich 50 Prozent der Betriebskosten, in manchen Praxen auch mehr. Wenn es um ein Sparprogramm geht, müssen sie unter die Lupe genommen werden. Ein kritischer Blick auf den Praxisablauf zeigt dem Arzt, ob er ein zu großes Praxisteam beschäftigt, dessen Zeitplanung womöglich nicht optimal auf den Arbeitsanfall ausgerichtet ist. Dann müssen hier entsprechende Konsequenzen gezogen werden, auch wenn es schmerzlich ist.

Ein unangenehmes Thema ist ebenfalls ein häufig überhöhtes Gehaltsniveau, gerade in Praxen mit bewährten Mitarbeitern. Viele Hausärzte haben versucht, den Praxisablauf mit Teilzeitkräften zu optimieren. Das ist oftmals Erfolg versprechend, doch ermöglicht die Arbeit mit qualifizierten Vollzeitkräften nicht eher Umsatzwachstum, beispielsweise durch ein erweitertes Leistungsspektrum?

Tatsächlich ist die Zahl der von niedergelassenen Ärzten beschäftigten “Minijobber” in den vergangenen Jahren gestiegen. Selbstverständlich ist diese Beschäftigungsform eine durchaus interessante Handlungsoption. Aber auch hier darf der Arzt die Qualität der Arbeitsleistungen nicht aus den Augen verlieren. Der Erfolg des Unternehmens ist letztlich entscheidend davon abhängig, ob die Mitarbeiter bereit und in der Lage sind, den Arzt bei seiner Arbeit wirkungsvoll zu unterstützen und zusätzlich in dem zulässigen Umfang auch selbst delegierte Leistungen qualifiziert zu erbringen.

Fragenkatalog zur Umsatzrendite einer Arztpraxis

Möchten Sie Ihre Hausarztpraxis auf den Prüfstand stellen und optimieren? Dann wird Ihnen der folgende Fragenkatalog sicherlich dabei helfen.

  1. Wie ist die Praxis am (lokalen) Markt positioniert? Was macht die Konkurrenz? Auf welchen Feldern ist die Konkurrenz besser oder schlechter? Die bei Ärzten meist nicht besonders beliebten Arztbewertungsportale können hier eine gute Informationsquelle sein.
  2. Wie hat sich die Praxis im letzten Jahr entwickelt? Wie ist die Entwicklung der Fallzahl, gegliedert nach GKV- und Privatpatienten? Was können Sie tun, um den Anteil der Privatpatienten weiter zu erhöhen?
  3. Ist die Praxis mit ihren Tätigkeitsschwerpunkten, fachlichen Kompetenzen, Versorgungsangeboten richtig aufgestellt? Hier sollten Sie auch einen prüfenden Blick auf Ihre Wettbewerber. Heben Sie sich hier ausreichend ab? Und wie sieht es mit ihrer Eigendarstellung aus? Werden Sie z.B. im Internet gut gefunden? Gerade junge Patienten suchen im Web nach passenden Ärzten. Wer hier nicht stattfindet, bleibt immer unter seinen Möglichkeiten.
  4. Wie sieht es aus mit dem Umsatzwachstum bei IGeL? Ist der Arzt etwa in der Offensive und die Mitarbeiter mangels Motivation und Fachkunde auf der Bremse?
  5. Ist das Personal ausreichend qualifiziert oder sind gezielte Zukunftsinvestitionen erforderlich? Ärzte müssen sich regelmäßig fortbilden und das sollten sie auch ihren Mitarbeitern gönnen. Gut ausgebildetes Personal schafft Vertrauen.
  6.  Wie sieht es mit der Patientenzufriedenheit aus? Steigt die Fallzahl, stagniert sie oder ist sogar ein Rückgang zu beobachten? Wenn Sie sich nicht sicher sind: Erstellen Sie Fragebögen und bitten Sie Ihre Patienten um Feedback! Der frische Blick von Außen kann Anregungen für innovative Veränderungen bringen. Manchmal ist es wirklich simpel: Vielleicht fühlen sich die Patienten bei Ihnen nicht wohl, weil sie in einem abgenutzten Wartezimmer sitzen, während der Kollege nebenan mit modernster Ausstattung glänzt.
  7.  Wird die Praxis regelmäßig mit Kritik und Beschwerden der Patienten konfrontiert? Aus welchen Gründen? Beschwerden sollten Sie immer ernst nehmen, denn die meisten Patienten halten sich mit Kritik beim Arzt sehr zurück. Wird etwas thematisiert, dann ist die Schmerzgrenze größtenteils mehr als überschritten.
  8. Wie sieht es mit der Arbeitszufriedenheit bei Arzt und Praxisteam aus? Ist die Praxis mit einer hohen Personalfluktuation konfrontiert? Falls das so ist: wissen Sie, warum? Sind die Mitarbeiter unzufrieden, dann sind es die Patienten meistens auch. Schlechte Stimmung in der Praxis ist also kein Luxusproblem, sondern schlägt sich auch wirtschaftlich nieder.
  9. Wie sind die Kostenstrukturen der Praxis? Gibt es Ansatzpunkte, durch Veränderungen die Praxiskosten zu senken?
  10. Bei der Bestandsaufnahme muss auf jeden Fall die Frage auf den Tisch, aus welchen Gründen die Fallzahlen der Praxis stagnieren oder gar rückläufig sind. Das ist ein elementarer Punkt. Gibt es Beschwerden der Patienten, die sich regelmäßig wiederholen? Werden etwa die Terminwünsche von Patienten abgelehnt, weil es den Mitarbeitern nicht gelingt, das Terminsystem zu optimieren? Kein Patient sollte länger als zehn Minuten warten, alles andere schadet dem Image. Und wenn es ausnahmsweise einmal länger dauert, darf ein erklärendes Wort der Mitarbeiter nicht fehlen.
  11. Auch bei den Praxiskosten gibt es meistens noch eine Menge Einsparpotential, dass häufig übersehen wird. Nach dem Motto “Kleinvieh macht auch Mist” sollten Praxisinhaber die Möglichkeiten genau unter die Lupe nehmen. Wie Sie an der Kostenschraube drehen können, erfahren Sie hier.