Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Eine der großen Unsicherheiten im Leben eines Mediziners besteht darin, den Wert seiner Praxis zu bestimmen. Diese Frage tritt erstmals auf, wenn es darum geht, eine bestehende Praxis zu übernehmen: In der Regel haben Verkäufer und Käufer völlig unterschiedliche Ansichten. Während der Verkäufer seine Praxis als sein Lebenswerk sieht, welches er über viele Jahr aufgebaut hat, betrachtet der Käufer sie dagegen sachlich und distanziert. Dabei sind für ihn in erster Linie die wirtschaftlichen Eckdaten der BWA, der Zustand und die Ausstattung der Praxis sowie ihre Lage, Wettbewerbssituation und Patientenstruktur entscheidend.

Objektiver Praxiswert?

Um Klarheit in die Situation zu bringen und den wahren Wert der Praxis zu ermitteln, wird häufig versucht, ein Sachverständigengutachten zu erstellen. Jedoch gibt es – wie Studien schon zeigten – keinen objektiv richtigen Praxiswert. Am Ende ist es leider so, dass eine Praxis immer genau den Wert hat, den ein Käufer bereit ist dafür zu zahlen.

Entwickeln Sie Ihre Praxis darum über die Jahre so, dass sie zwei Prämissen erfüllt: Einerseits sollte es Ihnen Spaß machen, sie zu betreiben. Andererseits sollte sie auch für potenzielle Käufer interessant sein, sodass diese Lust haben, sie zu übernehmen und in Zukunft erfolgreich weiterzuführen.

Zu wenig potenzielle Nachfolger

In der Realität ist es jedoch so, dass die meisten Mediziner im Alter von Anfang bis Mitte 50 den Höhepunkt ihrer Praxis erreichen: Sie haben ein eingespieltes Team, eine top ausgestattete Praxis und eine moderne Außenkommunikation. In dieser Phase setzt bei vielen Medizinern ein gewisses Maß an Zufriedenheit mit sich selbst und ihrer Praxis ein, das dazu führt, dass die Praxis nun nicht mehr weiterentwickelt wird.

Das wird beim Praxisverkauf zum Problem: Die Altersstruktur der heutigen Praxisinhaber verrät uns, dass in etwa 15 Jahren ungefähr die Hälfte aller Praxisinhaber im rentenfähigen Alter sein wird. Die Zahl der Medizinstudenten ist allen bekannt und auch die Illusion, dass tausende hochqualifizierte Mediziner aus dem Ausland zuwandern, ist mittlerweile geplatzt. Somit ist es offensichtlich, dass es nicht genügend potenzielle Nachfolger für die abzugebenden Praxen geben wird. Neben den Folgen für die ambulante medizinische Versorgung führt es auch dazu, dass Mediziner, die auf der Suche nach einer Praxis sind, die Wahl haben. Das bedeutet für Sie, dass Sie Ihre Praxis nur dann verkaufen können, wenn Sie zu dem Zeitpunkt auf dem neuesten Stand ist und den Erwartungen der zukünftigen Praxisinhaber entspricht.

4 Fehler beim Praxisverkauf

1. Weniger attraktive Praxisgröße

Die Mehrheit der heutigen Praxen sind Ein-Behandler-Praxen. Jedoch haben viele junge Ärzte kein Interesse daran, allein die Verantwortung für alle Herausforderungen zu tragen, die das Unternehmen Arztpraxis mit sich bringt. Sie gründen lieber Gemeinschaftspraxen mit anderen Ärzten, anstatt eine Praxis allein zu führen. Somit existiert für die klassische Ein-Behandler-Praxis in Zukunft nur noch ein deutlich kleinerer Markt im Verkauf.

Richten Sie Ihre Praxis bereits frühzeitig darauf aus, auch als Gemeinschaftspraxis geführt werden zu können. Ziehen sie beispielsweise in größere Räume und stellen Sie einen Arzt bei sich an: So legen Sie bereits den Grundstein für eine Mehr-Behandler-Praxis und können – wenn Sie das wollen – in den letzten Jahren schon etwas kürzertreten.

2. Team mit zu geringer „Restlaufzeit“

Innerhalb der nächsten acht Jahre werden etwa 30 % der MFAs vom Markt verschwinden. Dabei handelt es sich um die geburtenstarken Jahrgänge: Es entsteht ein Schwund auf dem Markt, da deutlich weniger Arbeitskräfte nachkommen als weggehen. Dadurch wird der Kampf um die Mitarbeiter zukünftig noch stärker sein.  

Zudem ist zu beobachten, dass die wenigsten Praxisinhaber etwas dafür tun, um ihr Team jung zu halten. Es werden kaum noch Neueinstellungen vorgenommen und oft auch keine Ausbildungsverhältnisse mehr eingegangen. Das hat zur Folge, dass der Praxisinhaber gemeinsam mit seinem Team altert. Wenn er dann seine Praxis abgibt, ist das gesamte Team ebenfalls im rentenfähigen Alter. Es gibt also kein Team, mit dem der übernehmende Arzt wirklich durchstarten kann. In einer Marktsituation, in der es wenig verfügbare MFAs gibt, mindert dies die Attraktivität einer Praxis zusätzlich.

3. Schrumpfender Patientenstamm

Nicht nur fehlende Mitarbeiter sind beim Praxisverkauf eine Herausforderung: Jede Praxis hat im Schnitt pro Jahr auch einen Abgang von 6 % ihrer Patienten. Diese setzen sich zusammen aus circa 5 % Menschen, die in eine andere Stadt ziehen, und 1 % Menschen, die sterben. Im Praxisalltag bleibt dies oft unbemerkt, doch über die Jahre schrumpft der Patientenstamm so deutlich.

Umgekehrt bedeutet das aber auch, dass jährlich 5 % neue Menschen in Ihre Stadt ziehen, die potenziell Patienten in Ihrer Praxis werden können. Dies ist jedoch nur möglich, wenn Sie die Außendarstellung Ihrer Praxis kontinuierlich zeitgemäß halten und so neue Patienten ansprechen. Andernfalls werden deutlich weniger neue Patienten den Weg in Ihre Praxis finden und Ihr Patientenbestand wird Jahr um Jahr kleiner werden.

4. Keine zeitgemäße Praxisausstattung

Zu einer zeitgemäßen Außendarstellung zählt die regelmäßige Überarbeitung des Internetauftritts. Dies wird von älteren Praxisinhabern oftmals vernachlässigt: Die letzte Aktualisierung liegt in vielen Fällen mindestens zehn Jahre zurück. In der heutigen schnelllebigen Welt beträgt die Halbwertszeit einer Website jedoch lediglich drei bis maximal fünf Jahre. Das bedeutet, dass allein aufgrund des veralteten Internetauftritts der erste Eindruck der abzugebenden Praxis bereits suboptimal ist. Nicht nur der Außenauftritt, auch die Praxiseinrichtung ist in vielen Fällen mindestens 15 Jahre alt und die technische Ausstattung entspricht beim Verkauf nicht mehr dem Stand der heutigen Technik. Dies mindert die Attraktivität der Praxis erheblich und macht sie nur sehr schwer verkäuflich.

Fazit: So machen Sie Ihre Praxis attraktiv für den Verkauf

Nehmen Sie Ihren 50. Geburtstag als Startdatum, um Ihren Ausstieg zu planen. Es geht dabei nicht darum, schon einen konkreten Termin festzulegen. Vielmehr ist es der richtige Zeitpunkt, um eine Strategie zu entwickeln, wie Sie in den nächsten 10, 15 oder 20 Jahren dafür sorgen, Ihre Praxis immer auf dem neuesten Stand zu halten, sodass sie zu jedem Zeitpunkt ein attraktives Angebot für einen potenziellen Übernehmer darstellt. Denn am Ende ist Ihre Praxis nur so viel wert, wie ein Nachfolger bereit ist, dafür zu zahlen.

Wolfgang Apel

GeschäftsleitungMediKom Consulting GmbH

w.apel@medikom.org

MediKom Consulting GmbH