Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Die Zahl der Krankschreibungen wegen psychischer Probleme hat in der Coronakrise ein neues Allzeithoch erreicht. Und der aktuelle Psychoreport der DAK belegt, dass die Belastungen gerade im Gesundheitswesen besonders hoch sind. Hier verzeichneten die Statistiker zuletzt 338,4 Fehltage pro Jahr – bezogen auf 100 Versicherte. Gleichzeitig warnt die Deutsche Aktuarvereinigung vor einem immens gestiegenen Berufsunfähigkeitsrisiko bei Frauen unter 40. Die Gründe sind erneut: psychische Erkrankungen.

Arbeitgebern im Gesundheitswesen – und damit auch allen niedergelassenen Ärzten – sollte das eine eindringliche Warnung sein. Nicht nur weil in ihrer Branche die Belastungen durch die Pandemie noch einmal deutlich verstärkt wurden. Fakt ist auch, dass die überwiegende Mehrheit der MFA nach wie vor Frauen sind und sie damit ein besonders hohes Risiko tragen, längerfristig wegen psychischer Leiden auszufallen.

Die Zeichen richtig deuten

Von den ersten psychischen Problemen bis zu einer manifesten Erkrankung inklusive längerer Arbeitsunfähigkeit ist es meist ein weiter Weg. Oft ist es allerdings selbst für Mediziner nicht ganz leicht, eine beginnende psychische Erkrankung zu erkennen. Denn vielfach äußern sich seelische Leiden zunächst in diversen körperlichen Beschwerden.

Wer unter Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Verdauungsproblemen leidet, wird jedoch, auch und gerade als Beschäftigter im Gesundheitswesen, erst einmal die Symptome behandeln, als nach etwaigen nicht körperlichen Ursachen zu fahnden.

Praxisinhaber, die die psychische Gesundheit ihrer Belegschaft erhalten wollen, sollten daher überlegen, welche Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes geeignet sind, längere psychische Überforderungssituationen von Teammitgliedern zu erkennen und zu vermeiden.

Eine nicht besonders beliebte, aber hocheffektive Maßnahme zur Früh­erkennung möglicher Belastungen ist die ganzheitliche Gefährdungsbeurteilung der Praxis. Sie ist gesetzlich vorgeschrieben und hat das Ziel, sowohl arbeitsbedingte Unfälle und Erkrankungen in der Arztpraxis zu vermeiden als auch Gefährdungen und Belastungen für die physische und psychische Gesundheit aufzudecken und zu eliminieren.

Ein ausführlicher und praktischer Leitfaden, wie dabei vorzugehen ist, findet sich auf den Seiten der Berufsgenossenschaft.

Der Stigmatisierung entgegentreten

Zeigen Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen bereits Anzeichen einer manifesten psychischen Erkrankung, sollte der Arzt das Gespräch suchen und mit den Betroffenen über mögliche Verbesserungen im Arbeitsalltag sowie Behandlungsmöglichkeiten sprechen. Ein verständnisvoller Chef, der die seelischen Probleme seiner Angestellten ernst nimmt, kann so einem ungesunden Präsentismus vorbeugen und im Ergebnis unnötige Arbeitsunfähigkeitszeiten vermeiden.

Willkommen zurück

Wer nach einer längeren psychisch bedingten Auszeit wieder in die Praxis zurückkehrt, braucht die soziale Unterstützung des gesamten Teams, um wieder Fuß zu fassen. Eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) belegt zudem, dass eine positive Einstellung gegenüber der Arbeit und ein souveräner Umgang mit der Erkrankung die Wiedereingliederung erleichtern. Auch ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) kann helfen, die Genesenen wieder ins Team zu integrieren. Zweck des BEM ist dabei, den Ursachen der Arbeitsunfähigkeitszeiten nachzugehen und Möglichkeiten zu finden, künftig Ausfälle zu vermeiden.