Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Bis zur Vertragsunterschrift war der Ausbildungsplatz noch heiß begehrt – doch am ersten Arbeitstag bleibt der Platz leer. Dieses Phänomen, „Ghosting“ genannt, nimmt zu: Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) meldeten 2023 bereits 27 Prozent der Betriebe mit unbesetzten Ausbildungsplätzen, dass ihnen zugesagte Bewerberinnen und Bewerber wieder abgesprungen sind. Einige von diesen scheuen das offene Absagegespräch, andere sichern sich durch Mehrfachverträge Optionen – und melden sich aus Bequemlichkeit nicht mehr. Gerade kleine Praxen trifft das hart: Neben organisatorischem Aufwand gehen Zeit und Geld verloren, oft bleibt die Stelle bis zum nächsten Jahr unbesetzt. Entscheidend ist daher die Phase zwischen Vertragsunterzeichnung und Arbeitsbeginn.

Gutes Onboarding nimmt Ängste

Ab Vertragsunterzeichnung sollte der Kontakt aktiv gepflegt werden – etwa mit Willkommens-E-Mails, Einladungen zu Praxis- und Teamevents oder einem Termin für die Berufskleidung. Ein strukturierter Start mit Einführungstagen, festen Ansprechpartnern und klar definierten Einarbeitungsschritten beugt Überforderung und Ängsten vor. Praxisanleitende begleiten die neuen Mitarbeitenden fachlich und fördern ihre soziale Integration. Ein Einarbeitungsplan mit Meilensteinen, ein Überblick über Abläufe und Verantwortlichkeiten sowie die frühe Einbindung in reale Arbeitsprozesse, ergänzt um geschützte Lernphasen, erleichtern ebenfalls den Einstieg und geben Sicherheit. 

Bewusstsein für Wertewandel

Gezieltes Onboarding stärkt von Beginn an die Zugehörigkeit und Verbindlichkeit. Das kommt dem Wertewandel entgegen. Frei nach dem Motto „Lieber arbeitslos als unglücklich“ steht für viele Angehörige der Generation Z die Lebensqualität an erster Stelle, wie eine Studie des Personaldienstleisters Randstad belegt.

Jüngere Arbeitnehmende wünschen sich, dass die Arbeit zu ihnen passt. Dabei spielt die Sorge um das eigene psychische Wohlergehen eine Rolle, nicht unbegründet, wie eine Umfrage der britischen Resolution Foundation belegt. Demnach zeigt rund ein Drittel der in ihrer Jugend krisengebeutelten 18- bis 24-Jährigen Anzeichen einer psychischen Erkrankung – ein erheblicher Anstieg gegenüber früheren Jahrzehnten.

Eine Untersuchung der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) unterstreicht, dass eine Dysbalance in der Work-Life-Balance bei der Generation Z deutlich mit Stress, Angst und depressiven Symptomen einhergeht.

Job als Lebenswelt

Mehr als die Hälfte der Gen Z (56 %) würde laut Randstad-Studie den Job kündigen, wenn dieser das Privatleben spürbar beeinträchtigt. Ein Mentoring zur Integration der Lebensbereiche kann somit ebenfalls Bindung schaffen. Zudem lehnt jeder Zweite eine Stelle ab, wenn das Unternehmen nicht zu den eigenen sozialen oder ökologischen Überzeugungen passt. Ein Hinweis auf die Praxisphilosophie kann also auch einen Unterschied machen.

Fehlen bei der Ausbildung Betreuung, Team-Einbindung, Wertschätzung oder klare Aufgaben, steigt laut Bundes­institut für Berufsbildung (BIBB) das Abbruchrisiko — ebenso bei Über- oder Unterforderung und schlechtem Betriebsklima. 55 Prozent der Azubis erhalten laut Deutschem Gewerkschaftsbund Jugend seltener als einmal pro Monat oder nie persönliches Feedback — ein leicht zu verbessernder Faktor.

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