Praxisgeräte entsorgen: Mülltrennung für Fortgeschrittene
Melanie HurstWer kaputte oder ausrangierte Elektrogeräte aus seiner Arztpraxis entsorgen möchte, sollte am besten eine Professur in Abfallwissenschaften vorweisen. Denn dabei kann es äußerst knifflig werden.
Mülltonne auf, Beutel rein? So einfach ist das in Deutschland nicht. Nachdem sich die Juristerei das Thema Abfallentsorgung vorgeknöpft hat, bleibt unsereinem nur noch verwundertes Staunen über das komplizierte Geflecht aus rechtlichen Vorschriften. Vor allem für Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber, die Elektroaltgeräte entsorgen möchten, wird es im Detail kniffelig. Denn die Verantwortung der sachgerechten Entsorgung liegt bei ihnen. Wo entsorge ich nun aber ein altes Pari-Inhalationsgerät? Was mache ich mit dem kaputten Wasserkocher aus der Teeküche?
Die Frage, wie man welches Gerät entsorgen muss, lässt sich jedoch nicht pauschal beantworten. Es kommt immer darauf an, welcher Kategorie es nach den Abfallvorschriften zugeordnet ist. Wer tiefer in diese Thematik einsteigen möchte, findet alle Vorschriften im Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG). Dieses setzt die EU-Richtlinie 2012/19/EU (sogenannte WEEE-Richtlinie) für die Entsorgung von Elektro- und Elektronikaltgeräten in nationales Recht um.
Das ElektroG wurde 2021 novelliert, was auch zur Folge hatte, dass die Vollzugshilfe der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) zur Umsetzung des ElektroG angepasst wurde. Dieses Schriftstück mit dem Namen M31A blähte sich so von 121 auf stolze 155 Seiten auf. Es behandelt die bürokratischen Anforderungen an die Entsorgung von Elektro- und Elektronikaltgeräten sowie die Entnahme von Altbatterien aus den Elektrogeräten, die als Gefahrgut gelten. Wer sich Zeit sparen möchte, kann aber auch hier schnell die Zusammenfassung der wichtigsten Punkte für Arztpraxen durchlesen.
Haushaltsübliche Elektrogeräte
Diese Kategorie ist verhältnismäßig einfach. In diesen Bereich fallen alle Geräte, die von der Art und Menge her ähnlich wie zu Hause genutzt werden. Dazu zählen zum Beispiel Wasserkocher, Kühlschrank, Blutdruckmessgeräte oder Monitore.
Geht also in der Arztpraxis die Kaffeemaschine kaputt, kann sie kostenfrei beim Wertstoffhof abgegeben werden. Falls Batterien in einem Gerät sind, sollten sie zuvor herausgenommen werden. Eine weitere Möglichkeit kann sein, solche Elektroaltgeräte beim Händler zurückzugeben. Voraussetzung: Diese verkaufen Elektro- und Elektronikgeräte auf mindestens 400 Quadratmetern oder Lebensmittel auf mindestens 800 Quadratmetern. Dann müssen sie bis zu drei kleinere Altgeräte pro Geräteart mit einer Kantenlänge von maximal 25 Zentimeter unentgeltlich zurückzunehmen, ohne dass ein Neugerät gekauft werden muss. Geräte über 25 Zentimeter müssen bei Neukauf eines gleichartigen Gerätes kostenfrei zurückgenommen werden.
Altgeräte anderer Nutzer als privater Haushalte
In diese Kategorie fallen Geräte, die üblicherweise nur im gewerblichen Bereich, wie zum Beispiel einer Arztpraxis, zum Einsatz kommen. Hier müssen niedergelassene Ärztinnen und Ärzte genau hinschauen. Denn es gibt zwei Möglichkeiten:
Fall 1: Elektroaltgeräte, die nicht dem ElektroG unterliegen. In § 2 heißt es dazu „Dieses Gesetz gilt nicht für folgende Elektro- und Elektronikgeräte: ... medizinische Geräte und In-vitro-Diagnostika, bei denen jeweils zu erwarten ist, dass sie vor Ablauf ihrer Lebensdauer infektiös werden, und aktive implantierbare medizinische Geräte.“ Diese dürfen weder über den Hausmüll noch über kommunale Sammelstellen wie Wertstoffhöfe entsorgt werden. Der Besitzer muss sie in einer zertifizierten Erstbehandlungsanlage für Elektrogeräte abgeben, die sich um die fachgerechte Entsorgung kümmert und eine schriftliche Bestätigung über die Entsorgung der Geräte nach den gesetzlichen Vorgaben ausstellt. Eine Übersicht der zertifizierten Erstbehandlungsanlagen finden Sie hier.
Fall 2: Altgeräte, die dem ElektroG unterliegen. Denkbar sind hier zum Beispiel Infusionspumpen, Pari-Inhalations- oder Ultraschallgeräte. Sie dürfen weder im Hausmüll noch bei einer kommunalen Sammelstelle entsorgt werden. Das Gesetz sieht in § 19 vor, dass Gerätehersteller verpflichtet sind, eine kostenfreie Rücknahme zu ermöglichen. Ärztinnen und Ärzte können die ausrangierten Geräte aber auch über eine zertifizierte Erstbehandlungsanlage entsorgen lassen.
Ausnahmefall: historisches Altgerät
Ein Sonderfall liegt vor, wenn die Elektrogeräte „historische Altgeräte“ sind. Das bedeutet, sie wurden vor dem 13. August 2005 in den Verkehr gebracht. In diesen Fällen müssen die Hersteller das Gerät nicht kostenfrei zurücknehmen. Arztpraxen sind hier selbst zur Entsorgung über eine zertifizierte Erstbehandlungsanlage verpflichtet.
Wichtig zu beachten: infektiöse Geräte
Medizinische Geräte und Geräte zur In-vitro-Diagnostik, die infektiös sind, gelten als gefährliche Abfälle und müssen nach Abfallschlüssel 180103 gesondert in zugelassene Abfallentsorgungsanlagen verbracht werden. Aber wann ist ein Gerät infektiös? Ein Gerät für die private Nutzung von Patienten gilt zum Beispiel als infektiös, wenn das Gerät bestimmungsgemäß mit Blut in Berührung gekommen ist, sich Flüssigkeit im Inneren des Elektrogeräts sammelt und dort ein paar Tage bleibt. Kommt das Gerät hingegen nur zufällig mit Blut in Berührung, kann man davon ausgehen, dass es nicht infektiös ist.
Wiederverwendbare Geräte wie Mehrweg-Endoskope gelten dagegen nicht als infektiös, da diese vor der erneuten Benutzung dekontaminiert werden müssen.
ARZT & WIRTSCHAFT fragte die Kolleginnen und Kollegen: Wie handhaben Sie die Abfallentsorgung in Ihrer Praxis?
Ich habe einen EDV-Beauftragten, der sich um alles kümmert
Ich habe einen Mitarbeiter meiner Praxis zum EDV-Beauftragten ernannt. Er kümmert sich um die Entsorgung von Elektroaltgeräten. Manche nimmt er zur Entsorgung mit, andere werden beim Elektroschrott abgegeben. Zusätzliche Kosten entstehen dabei nicht.
Dr. med. Gerlinde H., Hausärztin aus Sachsen
Nutzbare Altgeräte spende ich an wohltätige Gesellschaften
Die Entsorgung von Elektroaltgeräten ist ganz unkompliziert: Ich packe das Gerät in den Kofferraum und fahre es zum Wertstoffhof. Dort kann man Elektroschrott abgeben. Akkus werden natürlich extra entsorgt. Was noch nutzbar ist, spende ich wohltätigen Gesellschaften. Außergewöhnliche Kosten entstehen für mich dabei nicht.
Dr. med. Jörg Lohse, Hausarzt aus Münsing
Benutzte Spritzen kommen in stichfeste Abfallbehälter
Bei der Abfallentsorgung gibt es keine Probleme. Benutzte Kanülen, Spritzen oder Akupunkturnadeln kommen in spezielle stichfeste Behälter, die wir mit unserem restlichen Abfall im Hausmüll entsorgen. Geht ein Elektrogerät kaputt, wird es zum Wertstoffhof gebracht. Dort werden sie kostenfrei angenommen.
Dr. med. Sandra G., Hausärztin aus Thüringen