Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisverkauf

Es antwortet Tim Müller, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht von Ecovis in München:

“Ihre Anfrage kann zwei rechtliche Fragestellungen betreffen, eine steuerliche und eine vertragsarztrechtliche.

Geht es um Ihren Vertragsarztsitz? Dann ist die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu beachten: Das BSG hat mit einem damals überraschenden Urteil vom 4.5.2016 (Az.: B 6 KA 21/15 R) entschieden, dass das Nachbesetzungsrecht für eine Arztstelle von der Absicht des anzustellenden Arztes abhängt, ob er tatsächlich im MVZ tätig werden möchte. Verzichtet also ein Arzt auf seine Zulassung zu Gunsten einer Anstellung im MVZ, hängt die Anstellungsgenehmigung von jetzt an in der Schwebe.

Das Gericht hat in Anlehnung an die Vorschriften der Privilegierung von angestellten Ärzten oder Job-Sharern im Nachbesetzungsverfahren, die an eine Kooperation mit einer Dauer von zumindest drei Jahren gebunden ist, verlangt, dass die geforderte Absicht, angestellt tätig zu werden, dann unterstellt werden kann, wenn das Anstellungsverhältnis mindestens drei Jahre angedauert hat.

Endet die Tätigkeit des Arztes vor dem Ablauf von drei Jahren, hängt das Nachbesetzungsverfahren davon ab, ob nach den Umständen davon ausgegangen werden kann, dass der ursprünglich zugelassene Arzt tatsächlich wenigstens drei Jahre im MVZ tätig werden wollte, diese Absicht aber aufgrund von Umständen aufgegeben hat, die ihm zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Zulassung noch nicht bekannt waren. Als mögliche Gründe führt das BSG Krankheit oder zwingende Gründe der Berufs- und Lebensplanung an.

Steuerliche Aspekte nicht vergessen

Eine schrittweise Reduzierung des Arbeitsumfangs ab dem 2. Anstellungsjahr um jeweils eine ¼-Stelle wirkt sich aber nicht nachteilig auf das Nachbesetzungsrecht aus.

Die drei Jahre wären in Ihrem Beispiel am 31.12.2019 zu Ende. Danach kann die Arztstelle neu besetzt werden.

Geht es in Ihrer Anfrage um steuerliche Aspekte? Dann sind Sie vermutlich über 55 Jahre alt, haben Ihre Praxis verkauft und sind jetzt als angestellter Arzt tätig. Für den Kaufpreis haben Sie den ermäßigten Steuersatz des § 34 Abs. 3 EStG in Anspruch genommen. Voraussetzung hierfür ist die Veräußerung aller wesentlichen Grundlagen der Praxis und die Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit als Arzt „für eine gewisse Zeit“ im „bisherigen örtlichen Wirkungskreis“. Weder der Zeitrahmen noch der örtliche Wirkungskreis sind gesetzlich definiert, die Rechtsprechung entscheidet immer nach den Umständen des Einzelfalls. Die meisten Steuerberater gehen davon aus, dass nach drei Jahren „Schamfrist“ das Finanzamt die Betriebsaufgabe steuerlich anerkennt. Dann wäre auch in diesem Fall der 31.12.2019 der letzte Tag, an dem sie angestellt arbeiten müssten. Aber wie gesagt, es kommt auf den Einzelfall an.”

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