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Praxis

In den vergangenen Wochen hat die Bereitschaft, sich gegen das neuartige Coronavirus impfen zu lassen, hierzulande offenbar stark zugenommen. Das zeigt eine Bevölkerungsstudie der Mainzer Universitätsmedizin. 87 Prozent der Menschen im Alter zwischen 44 und 88 Jahren wollen sich demnach impfen lassen. „Es scheint einen klaren Zusammenhang mit der Verfügbarkeit der Impfstoffe und auch der Kommunikation über das Thema zu geben“, sagt Medizin-Professor Philipp Wild. Der Studienleiter erforscht mit seinem Team seit Oktober die Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheit der Menschen anhand von Gesundheitsdaten und persönlichen Untersuchungen. Die Ergebnisse werden regelmäßig im Internet auf einem Dashboard aktualisiert.

Die Corona-Studie basiert auf der bereits 2007 gestarteten „Gutenberg-Gesundheitsstudie“, die detaillierte Einblicke in den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung ermöglichen soll. 10.000 Freiwillige nehmen daran teil. Die nun vorliegenden Zwischenergebnisse betreffen vor allem den Umgang der Menschen mit der Pandemie. So zeigt sich, dass ein Viertel der Studienteilnehmer geplante Untersuchungen oder Termine bei Ärzten absagte. Das könnte mit „langfristigen negativen Folgen für die Bevölkerungsgesundheit verbunden sein“, fürchtet Wild. Vielleicht sei es sogar „eine der relevantesten, nicht direkt mit SARS-CoV-2 assoziierten gesundheitlichen Folgen der Pandemie“. Wild nennt dabei vor allem Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen.

Die meisten sind nicht getestet

In den Antworten ihrer Probanden sehen die Forscher Hinweise darauf, dass die Mehrheit der Menschen Abstands- und Maskenregeln persönlich sehr ernst nimmt. Allerdings sieht Wild bei Hygienemaßnahmen wie dem regelmäßigen Händewaschen noch Verbesserungspotenzial. Bislang wurden die meisten Menschen zudem noch nicht auf eine SARS-CoV-2-Infektion getestet – nur 36,7 Prozent der Teilnehmer gaben an, getestet worden zu sein. Generell seien die Probanden trotz Pandemie in einer guten seelischen und körperlichen Gesamtverfassung, so Wild. Im Vergleich zu 2019 seien keine deutlichen Veränderungen sichtbar geworden.

COVID-19-relevante Symptome sind häufig

Überraschend sei für ihn gewesen, wie häufig Symptome eines grippalen Infektes im täglichen Leben auftreten. „Etwa 20 Prozent der Befragten gaben COVID-19-relevante Symptome in den zurückliegenden 14 Tagen an. Die wenigsten Patientinnen mit einer Symptomatik sind dabei allerdings tatsächlich mit SARS-CoV-2 infiziert“, sagt Wild. Das zeige die hohe Relevanz einer Testung bei einem aufkommenden Verdacht. „Eine Symptomatik ist offenbar ein wenig zuverlässiger Indikator für eine Infektion.“

Im nächsten Schritt wird die Zielgruppe der Befragten auch auf jüngere Menschen zwischen 25 und 44 Jahren ausgeweitet. Das könnte die Ergebnisse noch einmal verändern. „Sicherlich werden wir dann spezifische Auswirkungen von pandemiebedingten Belastungen sehen, etwa durch Homeschooling oder Veränderungen in der persönlichen Situation rund um den Arbeitsplatz“, glaubt Wild.