Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Arbeitgeber die, wie viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, zehn oder weniger Mitarbeiter beschäftigen, gelten im arbeitsrechtlichen Sinne als Kleinbetrieb – und unterfallen nicht den strengen Regeln des Kündigungsschutzgesetzes. Damit ist es für Praxischefs deutlich einfacher, sich von unliebsamen Angestellten zu trennen. Einfach schalten und walten können aber auch sie nicht, wie ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Köln in einer pandemietypischen Fragestellung beweist (Az. 8 Ca 7334/20).

Auch telefonische Anordnungen sind bindend

Im konkreten Fall ging es um einen Dachdecker, der in einem kleinen Handwerksbetrieb angestellt war. Nachdem er im Oktober 2020 Kontakt zu seinem positiv auf COVID-19 getesteten Bruder und dessen Freundin gehabt hatte, ordnete das Gesundheitsamt telefonisch eine häusliche Quarantäne an. Hierüber informierte der Mann seinen Arbeitgeber. Der allerdings bezweifelte die Quarantäneanordnung. Wahrscheinlich wolle der Mann sich nur vor der Arbeit drücken. Er verlangte daher eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes. Der so gescholtene Dachdecker setzte auch alles daran, eine solche Bestätigung beizubringen. Doch das Amt ließ sich Zeit. Auch nach mehreren Tagen konnte er seinem Chef kein entsprechendes Schreiben vorlegen. Dieser kündigte.

Auch im Kleinbetrieb sind Arbeitnehmer nicht rechtlos

Der Dachdecker wehrte sich gegen den Rauswurf mit einer Kündigungsschutzklage – und hatte Erfolg. Zwar findet das Kündigungsschutzgesetz gemäß § 23 KSchG auf Kleinbetriebe keine Anwendung. Dennoch kann ein Rauswurf unwirksam sein – zum Beispiel, wenn er willkürlich erfolgt oder auf sachfremden Motiven beruht. Beides bejahte das Arbeitsgericht Köln im vorliegenden Fall. Der Arbeitgeber habe den Arbeitnehmer vor die Wahl gestellt, entweder gegen die Quarantäneanordnung zu verstoßen oder seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Dieses Verhalten sei als sittenwidrig einzustufen, zumal ein Verstoß gegen die Quarantänepflicht sogar strafrechtliche Konsequenzen haben könne.

Kündigung aufgrund Quarantäneanordnung unwirksam

Dass eine schriftliche Bestätigung des Gesundheitsamtes (noch) nicht vorlag, hätte der Arbeitgeber hinnehmen müssen, zumal sein Mitarbeiter keinen Einfluss darauf hatte, wann er ein solches Dokument erhalten würde. Dies gelte umso mehr, als der Chef durch die Abwesenheit seines Mitarbeiters keine wirtschaftlichen Einbußen erlitten hätte. Denn bei einer behördlich angeordneten Quarantäne habe er die Möglichkeit, sich die ausgezahlte Vergütung gemäß § 56 Abs. 5 S.3 IfSG in voller Höhe erstatten zu lassen. Als Ergebnis dieser Abwägung stellte das Arbeitsgericht fest, dass eine Kündigung, die unmittelbar aufgrund einer Quarantäneanordnung erfolge, auch außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes regelmäßig sittenwidrig und damit unwirksam sei.