Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arzthaftungsrecht

Der Beruf der Medizinischen Fachangestellten (MFA) zählt zu den sogenannten Engpassberufen. Die Not macht erfinderisch. Weil es immer schwieriger wird, ausgebildeten MFA zu finden, spiele immer mehr niedergelassene Ärztinnen und Ärzte mit dem Gedanken, eine ungelernte Kraft einzustellen und selbst anzulernen. Ganz abwegig ist die Idee nicht, einen Quereinsteiger zu beschäftigen. Die Kernfrage, die sich viele Ärzte dabei stellen, lautet jedoch: Darf ich eine nicht als MFA ausgebildete Kraft in der Arztpraxis mit Tätigkeiten wie Blutdruckmessen, Blutabnehmen oder EKG-Schreiben beschäftigen? Und wer haftet, wenn etwas passiert?

Ist eine staatliche Zulassung für die Arbeit als MFA erforderlich?

Die Ausbildung zur MFA zählt in Deutschland zu den dualen Ausbildungsberufen. Der Beruf ist in Deutschland nicht reglementiert. Das bedeutet, es bedarf – anders als beim Beruf des Gesundheits- und Krankenpflegers – keiner staatlichen Erlaubnis oder Zulassung, um als MFA zu arbeiten zu dürfen. Generelle Vorschriften zu den Anforderungen an Mitarbeitende in Arztpraxen gibt es ebenfalls nicht. Nur für die Abrechnung einzelner Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen existieren es im Einheitlichen Bewertungsmaßstab einige Gebührenordnungspositionen, die eine entsprechend qualifizierte Kraft wie zum Beispiel eine NäPa voraussetzen. Grundsätzlich können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte damit auch fachfremde Mitarbeitende in ihrer Praxis beschäftigen.

So lernen Ärzte ungelerntes Praxispersonal rechtssicher an

Selbstverständlich kann eine nicht ausgebildete Kraft zunächst nicht so eingesetzt werden, wie eine MFA. Der korrekte Gebrauch eines EKG muss ebenso erlernt werden wie das Blutabnehmen. Wer jedoch schon einmal ausgebildet hat weiß: Irgendwann steht jede angehende MFA das erste Mal am Patienten, all dies lässt sich unter einer guten Anleitung erlernen.

Ärztinnen und Ärzte müssen nicht ausgebildete Mitarbeitende daher ausreichend qualifizieren. Dazu zählt unter andere, die Teilnahme an einem Erste-Hilfe-Kurs, um mit Notfällen in der Praxis adäquat umgehen zu können ebenso wie das Erlernen derjenigen Arbeitsschritte unter Anleitung und Aufsicht des Arztes, die die Kraft später eigenständig ausführen soll. Was eine neue Kraft erlernt hat und schon eigenständig ausführen kann, sollte der Arzt in regelmäßigen Abständen überprüfen. Ideal wäre zudem eine entsprechende Dokumentation.

Haftet der Arzt für seine Mitarbeiter?

Kommt ein Patient zu Schaden, weil ein nicht ausreichend qualifizierter Mitarbeiter eingesetzt wurde, haftet der Arzt auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Nach dem Behandlungsvertrag schuldet der Arzt eine Behandlung nach dem Facharztstandard. Dieser gilt nur dann als eingehalten, wenn nicht nur der Arzt, sondern auch der eingesetzte Praxismitarbeiter über ausreichende Sachkunde verfügen.

Wer trägt die Beweislast?

Auf eine formale Ausbildung kommt es dabei aber nicht an, sondern auf den Stand der Kenntnisse und Fertigkeiten der eingesetzten Person. Das haben Gerichte bereits entschieden. Allerdings trägt der Arzt die Beweislast für die ausreichende Qualifikation der Mitarbeiter, während bei einer ausgebildeten MFA grundsätzlich von bestimmten erworbenen Kenntnissen, die Inhalt der Ausbildungsordnung sind, ausgegangen werden kann. Das heißt, der Arzt müsste in einem eventuellen Prozess darlegen und beweisen, dass er die ungelernte Kraft ausreichend ausgebildet und überwacht hat. Das ist oft sehr schwer. Daher ist beim Einsatz ungelernter Kräfte eine gute Dokumentation ebenso wichtig wie die Einbeziehung des übrigen Praxispersonals, welches die Ausbildung als Zeugen bestätigen kann.

Fazit: Es ist möglich, aber mit Risiken behaftet

Ungelernte Kräfte in der Praxis anzustellen und zu qualifizieren, kann daher nicht die Lösung für den Fachkräftemangel darstellen. Dennoch ist es möglich, ungelernte Mitarbeitende auch mit einzelnen medizinischen Aufgaben einer MFA zu betrauen. Dafür müssen Ärztinnen und Ärzte sich aber die Zeit nehmen, die Ungelernten in der Praxis auszubilden und zu überwachen und das Ganze gut zu dokumentieren. Das gilt übrigens auf für Aufgaben, die Praktikanten übertragen werden. Ein Restrisiko bleibt in Bezug auf die Haftung dennoch.