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Medizinrecht

Wer sich nach einer Krebsdiagnose einer Chemotherapie unterzieht, muss mit Haarverlust als Nebenwirkung der Behandlung rechnen. In den meisten Fällen wachsen Wimpern, Augenbrauen und Kopfbehaarung aber nach Ende der Therapie wieder nach. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen der Haarverlust dauerhaft sein kann. Wie ein aktuelles Urteil zeigt, sollten Ärzte auf diese Risiken deutlich hinweisen und die entsprechende Aufklärung auch sorgfältig dokumentieren.

Gesamte Körperbehaarung verloren

Geklagt hatte eine Patientin, die wegen Brustkrebs operiert worden war und sich anschließend einer Chemotherapie unterziehen musste. Ihre Behandlung wurde mit einem recht neuen Medikament durchgeführt. Die Frau verlor dabei ihre gesamte Körperbehaarung. Bei Wimpern und Augenbrauen war der Haarverlust dauerhaft, das Kopfhaar wuchs nur teilweise nach. Die behandelten Ärzte, so ihre Klage, hätten sie über das Risiko des dauerhaften Haarausfalls nicht aufgeklärt.

In der ersten Instanz stellten sich die Richter auf die Seite der Ärzte und gingen davon aus, dass die Mediziner keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein solches Risiko hatten und es deshalb nicht thematisierten. Das Oberlandesgericht sah es in der Berufung der Patientin allerdings anders und sprach der Frau ein Schmerzensgeld von 20 000 Euro zu (AZ: 5 U 76/14).

Anhaltspunkte für dauerhaften Haarverlust

Wie die Richter erklärten, habe es durchaus Anhaltspunkte für einen möglicherweise dauerhaften Haarverlust gegeben: der Hersteller des Medikaments weise Ärzte in seinen Fachinformationen sogar ausdrücklich darauf hin. In einer Studie sei diese Nebenwirkung bei immerhin 3,2 Prozent der Patienten aufgetreten. Die Ärzte hätten die Frau somit nicht ausreichend über die Risiken einer Chemotherapie mit dem neuen Medikament aufgeklärt. Es sei keinesfalls sicher, dass sich die Patientin bei korrektem Vorgehen der Mediziner auch für diese Therapie entschieden hätte.

Da ein fehlerhaftes Verhalten der Ärzte vorlag, wurde der Frau das Schmerzensgeld zugesprochen. Bei der Höhe wurde berücksichtigt, dass die Patientin seit dem Haarverlust mit erheblichen psychischen Problemen zu kämpfen hat.