Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Medizinrecht
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Leider können wir im Moment keine neuen Patienten mehr aufnehmen.“ Solche oder ähnliche Aushänge finden sich in vielen Arztpraxen in Deutschland. Doch dürfen Praxisinhaber und Inhaberinnen wirklich ohne Weiteres einen Aufnahmestopp für neue Patienten verhängen? Die Antwort auf diese Frage lautet wie so oft in der Juristerei: Es kommt darauf an. 

Haben Ärzte eine generelle Behandlungspflicht?

Grundsätzlich besteht in Deutschland keine generelle ärztliche Behandlungspflicht. Sowohl Vertrags- als auch Privatärzte müssen daher nicht jeden Patienten behandeln. Aus gutem Grund: Die Beziehung zwischen Arzt und Patient basiert auf persönlichem Vertrauen – und, in jedem Fall, auf einem privatrechtlichen Behandlungsvertrag. Nur wenn beide Parteien, Arzt und Patient, einen solchen Behandlungsvertrag eingehen wollen, treten sie daher in ein juristisches Verhältnis zueinander. Soweit die juristische Theorie.

Behandlungspflicht für Notfälle und Kassenpatienten

Im Praxisalltag gibt es davon wichtige Ausnahmen. Im Medizinbetrieb sind dies vor allem die Notfälle. Hat ein Patient akute und ernsthafte Beschwerden, müssen Ärztinnen und Ärzte ihn in jedem Fall untersuchen. Zudem legt auch die Zulassung als Vertragsarzt Medizinern die Verpflichtung auf, Kassenpatienten zu behandeln.

Gründe für Behandlungsablehnung durch den Arzt

In begründeten Ausnahmefällen dürfen aber auch Vertragsärzte die Behandlung eines Kassenpatienten ablehnen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang etwa ein ausfallendes Verhalten des Patienten gegenüber dem Arzt und/oder dem Praxispersonal sowie die Missachtung therapeutischer Anweisungen. Auch Forderungen nach unwirtschaftlichen oder fachfremden Leistungen müssen Vertragsärztinnen und -ärzte nicht erfüllen. 

Ist die Praxis zudem bis zum Anschlag ausgelastet, ist auch ein Aufnahmestopp neuer Patienten erlaubt, wenn eine qualitätsgerechte Behandlung andernfalls nicht mehr zu gewährleisten ist.

Nicht behandeln müssen Vertragsärzte zudem Patienten, die ihre elektronische Gesundheitskarte nicht vorlegen (vgl. § 13 Ab. 7 Bundesmantelvertrag-Ärzte/BMV-Ä). Auch dieser Ablehnungsgrund greift allerdings nur, wenn kein medizinischer Notfall vorliegt. Andernfalls riskiert der Arzt oder die Ärztin berufs- oder sogar strafrechtliche Konsequenzen. 

Ausfallhonorar für säumige Patienten

Nicht nur die Frage, wann ein Arzt  oder eine Ärztin die Behandlung verweigern darf, führt immer wieder zu Konflikten. Auch die Frage, welche Rechte Praxischefs haben, wenn sie eine geplante Behandlung nicht durchführen können, weil der Patient den Termin platzen lässt, wird rege diskutiert.

Wer in solchen Fällen ein Ausfallhonorar verlangt, muss sich zumindest auf Gegenwind einstellen, zumal die Rechtsprechung solche Zahlungen nur in Ausnahmefällen absegnet. 

Praxischefs tun daher gut daran, mit ihren Patienten eine schriftliche Behandlungsvereinbarung mit exklusiver Terminvergabe zu treffen und in diesem Papier ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der Patient bei unentschuldigtem Nichterscheinen ein Ausfallhonorar zu zahlen hat. Doch selbst in solchen Fällen sind Konflikte nicht ausgeschlossen. Denn auch wenn das „Ob“ der Zahlung dann feststeht, lässt sich noch trefflich über die geschuldete Summe streiten.

Wann Ärztinnen und Ärzte eine Behandlungspflicht trifft

Eine Behandlungspflicht besteht stets bei akutem Behandlungsbedarf, bei dem ohne sofortige medizinische Hilfe gesundheitliche Schäden für den Patienten drohen. In solchen Fällen können sich Ärzte auch nicht auf eine Überlastung ihrer Praxis berufen.

Niedergelassene sind zudem verpflichtet, Bereitschaftsdienst zu leisten, der Teil der ambulanten Versorgung ist. Auch müssen Ärzte Menschen mit Infektionskrankheiten wie etwa HIV behandeln, da deren Ablehnung diskriminierend wäre.

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