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Recht

Knapp drei Millionen Euro fordern die Ermittler der Missbrauchsbekämpfungsstelle der AOK Nordost in den Jahren 2014 und 2015 zurück. Diese Summe drohte der Versichertengemeinschaft durch Abrechnungsbetrug verloren zu gehen. Die AOK-Ermittler gingen dafür fast 1.000 Hinweisen nach, das waren etwa 20 Prozent mehr als im vorangegangenen Berichtszeitraum. Allein in Berlin wurden 460 Hinweise auf Versicherungsbetrug untersucht, wie der Verwaltungsrat der AOK Nordost unter Hinweis auf den aktuellen Tätigkeitsbericht bekannt gab.

Rainer Knerler, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender der AOK Nordost zu den Ergebnissen: „Manipulierte Rechnungen, fingierte Rezepte und Behandlungen, aber auch Bestechung und Bestechlichkeit – die Liste möglicher Gesetzesverstöße ist leider lang und wir sprechen hier nicht von Bagatellen. Hier wird mit verbrecherischer Absicht nicht nur zum Schaden der Solidargemeinschaft gehandelt, auch der Ruf des gesamten Leistungsbereiches wird geschädigt. Denn die meisten Leistungserbringer verhalten sich korrekt“.

Verschärftes Anti-Korruptionsgesetz dringend nötig

Knerler begrüßt, kritisiert aber auch das neue Anti-Korruptionsgesetz: „Es ist längst überfällig gewesen. Zu oft waren den Krankenkassen-Fahndern im Rahmen der bisherigen gesetzlichen Bestimmungen die Hände gebunden. Denn Paragrafen gegen Delikte wie Vorteilsnahme und Bestechlichkeit aus dem Strafgesetzbuch waren nicht anwendbar. Wieso allerdings im Rahmen des neuen Gesetzes für die Apotheker eine Ausnahmestellung geschaffen wurde, ist aus Sicht der AOK nicht nachvollziehbar“.

Bereits seit 2004 verfolgen die AOK Nordost mit ihrer Missbrauchsbekämpfungsstelle Fehlverhalten im Gesundheitswesen. Die AOK-Ermittler arbeiten dabei eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Rund 240 Fälle wurden in den vergangenen zwei Jahren zur Anzeige gebracht. „Bei Unregelmäßigkeiten, die auf kriminelle Energien hinweisen, gehen wir mit aller Konsequenz in die eigenen systematischen Prüfungen und verfolgen die Hinweise Dritter, etwa von Versicherten, Medizinern, Therapeuten und den Ermittlungsbehörden selbst“, erläutert Peter Wewer, Chefjurist der AOK Nordost.

Nicht ausreichend qualifiziertes Personal

Wie rücksichtslos, auch gegenüber den Patienten, Betrüger vorgehen, zeigt ein kürzlich bekannt gewordenes Beispiel aus Berlin. Hier hat ein Pflegedienst Leistungen der häuslichen Krankenpflege durch nicht ausreichend qualifiziertes Personal erbracht. Touren- und Einsatzpläne des Pflegepersonals waren gefälscht. Die Pflegebedürftigen bekamen keine ausreichende und auch keine fachmännische Pflege. Abgesehen von dem unverantwortlichen Verhalten den Betroffenen gegenüber, entstand der AOK Nordost ein Schaden von über 30.000 Euro. Im Strafverfahren wurde die Geschäftsführung des Pflegedienstes verurteilt, mit der Auflage, eine Schadenswiedergutmachung zu zahlen. Der Vertrag mit dem Pflegeanbieter wurde natürlich gekündigt.

Hinweise auf Fehlverhalten im Gesundheitswesen können unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 265080 31983 an die AOK Nordost gemeldet werden. Entsprechende Delikte werden auf Basis des neuen Antikorruptionsgesetzes künftig mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. In besonders schweren Fällen drohen für Bestechlichkeit oder Bestechung bis zu fünf Jahre Haft.