Nachweisgesetz: Das sind die größten Herausforderungen für Praxisinhaber
Judith MeisterÄrztliche Arbeitgeber, die für ihre Arbeitnehmer Musterverträge aufgesetzt haben, müssen sich auf zusätzliche Arbeit einstellen. Schuld daran sind neue europäische Vorgaben zur Gestaltung von Arbeitsverträgen. Wer gegen sie verstößt, muss schon bald mit hohen Bußgeldern rechnen.
Das Nachweisgesetz (NachwG) gehörte bislang zu den eher unbekannten Regelungen des Arbeitsrechts. Arbeitgeber sind danach verpflichtet, Mitarbeitern einen schriftlichen Nachweis über die wesentlichen Inhalte des Arbeitsvertrags auszuhändigen. Diese Vorgabe wurde bislang allenfalls bei einem Streit zwischen Praxischef und Mitarbeiter relevant. Zudem blieben Verstöße folgenlos.
Nun allerdings wird alles anders. Denn am 01.08.2022 tritt ein neues Nachweisgesetz in Kraft. Mit erheblichen Auswirkungen für die Praxis. Die überarbeiteten Regeln sehen nicht nur deutlich umfangreichere Nachweispflichten für Ärzte und Kliniken vor. Verstöße werden zudem mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro geahndet.
Massiver Mehraufwand
Ab dem 01.08.2022 müssen Arbeitgeber unter anderem die folgenden Tatsachen schriftlich (also mit eigenhändiger Unterschrift auf Papier) festhalten:
- Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer schriftlich über die genauen Vertragsbedingungen informiert werden. Das sind unter anderem Arbeitsbeginn, Arbeitsort, die genaue Tätigkeit, die Bezahlung, die Dauer des Urlaubs und die Kündigungsfristen.
- Bei Befristungen müssen Ärzte künftig nicht nur die Laufzeit des Vertrages angeben. Sie müssen auch das genaue Enddatum des Vertrages nennen.
- Wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Mitarbeiter (teilweise) im Homeoffice arbeitet, muss der Vertrag darauf hinweisen, dass er Arbeitsort frei wählen kann.
- Auch ein Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildungen ist nachweispflichtig.
- So eine Probezeit vereinbart wird, muss deren Dauer genau niedergelegt sein.
- Was die Vergütung angeht, reicht es nicht mehr, nur das Fixum und etwaige Boni zu benennen. Vielmehr muss der Vertrag die genaue Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts benennen. Dazu gehört auch die Vergütung von Überstunden. Ebenfalls aufzuführen sind Zuschläge, Zulagen, Prämien und sonstigen Extras. Weiterhin muss die jeweilige Fälligkeit und Art der Auszahlung (z.B. Überweisung auf inländisches Bankkonto) festgehalten werden. Daher werden im Arbeitsvertrag künftig konkrete Daten für die Gehaltszahlung genannt werden müssen.
- Mit Blick auf die Arbeitszeiten müssen Ärzte und Kliniken sowohl das vereinbarte Stundenpensum niederlegen, als auch festhalten, welche Ruhepausen und Ruhezeiten vereinbart werden. Bei Schichtarbeit sind das Schichtsystem, der Schichtrythmus und Voraussetzungen für Schichtänderungen zu nennen.
- Bietet der Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge, hat er den Namen und die Anschrift des Versorgungsträgers schriftlich anzugeben.
- Zudem muss der Vertrag das Verfahren im Fall einer Kündigung benennen.
Nachweispflicht meist ab dem ersten Tag
Angesichts dieser Vielfalt von (neuen) Pflichten ist es ein geringer Trost, dass das Gesetz dem Arbeitgeber zumindest abgestufte Fristen zugesteht: Während die absoluten Essentials dem Arbeitnehmer bereits am ersten Tag vorliegen müssen, hat der Arbeitgeber für andere Angaben bis zu einem Monat nach Arbeitsbeginn Zeit. Diese Regel halten Juristen allerdings für praxisfern. Der Grund: Arbeitgeber haben ein reges Interesse, alle Nachweispflichten in ein und demselben Dokument zu erfüllen. Damit müssen Ärzte und Kliniken bereits die Arbeitsverträge neu einzustellender Mitarbeiter nach den neuen Regeln gestalten.