Praxisgründung und -umstrukturierung: Von der Einzelpraxis zum MVZ
Judith MeisterWeniger Regulierungen, mehr Wachstumschancen: Erfolgreiche Ärzte sehen in der Umwandlung ihrer Praxis in ein MVZ oft eine konsequente Weiterentwicklung. Doch nicht immer ist dieser Schritt wirklich sinnvoll.
Für die meisten Ärzte ist die Arbeit in der eigenen (Einzel-)Praxis der Inbegriff der ärztlichen Freiberuflichkeit. Doch auch wenn es unbestrittene Vorteile hat, nicht nur der eigene – sondern auch der einzige – Chef zu sein: Im strikt regulierten deutschen Vertragsarztrecht stehen Niedergelassene bei dieser Praxisvariante auch vor diversen Herausforderungen. Das gilt auch und gerade, wenn der Arzt unternehmerisch erfolgreich ist und expandieren will.
Einzelpraxis: Wachstumsmöglichkeiten sind begrenzt
Niedergelassene Vertragsärzte dürfen in ihrer Einzelpraxis maximal drei in Vollzeit beschäftigte Kollegen anstellen. Bei Ärzten, die überwiegend medizintechnische Leistungen erbringen, etwa Laboruntersuchungen, steigt die Zahl zwar auf vier. Dennoch sind dem Praxiswachstum damit vergleichsweise enge Grenzen gesteckt. Nicht wenige erfolgreiche Ärzte überlegen daher, ihre Einzelpraxis in ein MVZ umzuwandeln, das keiner derartigen Begrenzung unterliegt.
Oft wird die Gründung eines MVZ auch im Kontext mit der geplanten Praxisabgabe diskutiert. Denn beim Verkauf einer MVZ GmbH entfällt der Zulassungseinzug, anders als beim Verkauf einer Einzelpraxis.
Juristen mahnen dennoch dazu, diesen Schritt akribisch zu planen. Denn bei der Umstrukturierung sind nicht nur gesellschafts-, sozial- und zulassungsrechtliche Hürden zu überwinden: Auch mit Blick auf das Finanzamt ist Weitblick gefragt.
MVZ: Viele Chancen aber auch viele Probleme
In der Regel werden MVZ als Personengesellschaft oder als Kapitalgesellschaft in der Form einer GmbH gegründet. Beliebt waren bis vor einiger Zeit vor allem sogenannte Ein-Personen-GmbHs. In dieser Variante verzichtete der Praxisinhaber zugunsten einer Anstellung in seinem eigenen MVZ auf seine vertragsärztliche Zulassung. Diese Gestaltungsform verlor seit einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom Januar 2022 aber deutlich an Attraktivität (Az. B 6 KA 2/21 R): Nach Auffassung der Kasseler Richter können Gesellschafter nicht gleichzeitig den Status eines sozialversicherungspflichtigen Angestellten haben. Einige Zulassungsausschüsse erteilen seither keine Genehmigungen für diese Gestaltungsvariante mehr. Entsprechend tüfteln Juristen derzeit an neuen Varianten.
Die Frage, wie mit der Zulassung des Arztes innerhalb des MVZ umzugehen ist, bleibt jedoch auch aus steuerlicher Sicht problematisch. Wollen niedergelassene Ärzte ihre Einzelpraxis in ein MVZ umwandeln, sollten sie daher das Finanzamt aktiv in die Planung einbeziehen und einen Antrag auf verbindliche Auskunft stellen, die ihnen Rechts- und Planungssicherheit verschafft.
Umstrukturierung der Einzelpraxis in ein MVZ gut abwägen
Die Umwandlung einer Einzelpraxis in ein MVZ kann Ärzten neue Wachstumschancen eröffnen und auch für eine spätere Praxisabgabe Bedeutung erlangen. Die Vor- und Nachteile einer solchen Umstrukturierung sind allerdings sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Auch sollte der Prozess durch Steuerberater und Rechtsanwälte begleitet werden.