Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Sozialrecht

Der 56-jährige Arzt betreibt gemeinsam mit einer Kollegin seit 2007 eine Gemeinschaftspraxis in München. Genau wie bei anderen Niedergelassenen fielen auch bei ihm Untersuchungen an, die bei Privatpatienten nach den Bestimmungen der Anlagen M zur Gebührenordnung durchzuführen sind.

Blutproben zur Untersuchung eingereicht

Auch in Bezug auf Laborleistungen gibt es hier klare Vorgaben. So schreibt der § 4 Abs. 2 GOÄ vor, dass Untersuchungen körpereigener oder körperfremder Substanzen und körpereigener Zellen (Klasse M III) und zum Nachweis und zur Charakterisierung von Krankheitserregern (M IV) vom Arzt persönlich oder unter seiner Aufsicht und nach seinen Weisungen erbracht werden müssen. Das setzt also seine Anwesenheit in dem Labor, in dem die Untersuchungen tatsächlich durchgeführt werden, voraus. Eine Delegation der Aufsichts- und Leistungsverpflichtung ist bei diesen Untersuchungen nicht gestattet. Davon hat der verurteile Arzt wohl nichts gewusst.

Er sandte seine Blutproben zur Untersuchung der Klassen MIII oder MIV an ein Speziallabor in München. Mit diesem hatte er seit 2010 eine Vereinbarung. Dort wurden die Proben nach seinen Analysewünschen fachlich und medizinisch korrekt untersucht. Die Ergebnisse der Untersuchungen wurden ihm anschließend übermittelt, teilweise auch mit Therapievorschlägen.

Labor hätte mit Patienten abrechnen müssen

Den GOÄ-Vorgaben zufolge hätte das Speziallabor seine Leistungen direkt mit den Privatpatienten abrechnen müssen. Stattdessen vereinbarte der Arzt mit dem Labor, dass er die Untersuchungen gegenüber den Privatpatienten selbst abrechnet. Das Labor stellte die durchgeführten Untersuchungen ihm gegenüber mit dem günstigen Abrechnungsfaktor 0,6 statt des korrekten Faktors 1,15 in Rechnung. Bei seiner Rechnung an den Privatpatienten verlangte der Arzt jedoch den Faktor 1,15.

Das Amtsgericht München sah es als erwiesen an, dass er dem Patienten und seinem Versicherer damit vorspiegelte, dass er die Leistung selbst erbracht hat. Dem Arzt konnte das Gericht im Zeitraum von Februar 2012 bis Mai 2013 insgesamt 31 solcher Fälle nachweisen, wobei insgesamt 99 Patienten betroffen waren. Der Arzt machte laut Gericht so einen unberechtigten Gewinn in Höhe von 6510,60 Euro.

In ihrem Urteil erklärten die Richter: Der Angeklagte hat von Anfang an die Fehlerhaftigkeit seiner Abrechnung für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen, sich in keiner Weise kundig gemacht, obwohl ihm die Problematik bewusst war und er sich bewusst für eine Abrechnung mit dem erhöhten Faktor 1,15  entschieden hatte. Die Richter gingen deshalb von Betrug aus und verurteilten den Arzt zur Zahlung von 20.000 Euro.

Das Urteil vom 27.6.2016 ist noch nicht rechtskräftig.