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Recht

Wird ein gesetzlich versicherter Patient von einer Klinik in eine andere verlegt, können seiner Krankenkasse daraus zusätzliche Kosten entstehen. Aus diesem Grund muss die verlegende Klinik gute Gründe für ihre Entscheidung haben und diese im Fall eines Streites auch darlegen und beweisen können – das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden (Az. B 1 KR 4/22).

Als sachliche Gründe für eine Verlegung kommen nach den Ausführungen der Bundesrichter sowohl medizinische Gründe als auch zwingende Gründe in der Person des Versicherten in Betracht. Zudem können übergeordnete Gründe, wie etwa die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, patienten- und bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern (§ 1 Abs. 1 KHG) eine Verlegung rechtfertigen. In einem mehrstufigen Versorgungssystem ist zudem eine Verlegung aus einem Krankenhaus einer höheren Stufe in eine Klinik einer niedrigeren Stufe denkbar, wenn und soweit der Patient die Mittel des Krankenhauses der höheren Stufe nicht mehr benötigt, während andere Patienten auf die dortigen Versorgungskapazitäten angewiesen sind.

Liegt hingegen kein sachlicher Grund für die Verlegung vor und entstehen der Kasse hierdurch Mehrkosten, kann diese unter Umständen Schadenersatz von der Klinik verlangen.

Verlegungsabschlag nicht mehr genug?

Im Fall, den das BSG zu entscheiden hatte, stritten ein Universitätsklinikum und die Kasse eines Patienten. Dieser war in der Uniklinik vom 16. bis 18. Mai 2017 vollstationär wegen eines subakuten Myokardinfarktes der Hinterwand bei koronarer Drei-Gefäß-Erkrankung versorgt worden. Am 18. Mai 2017 erfolgte die Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus. Dort wurde der Mann noch eine gute Woche stationär weiterbehandelt.

Das Universitätsklinikum stellte der Krankenkasse für die Behandlung 4319,55 Euro in Rechnung (Fallpauschale DRG F24B). Dabei berücksichtigte es einen Verlegungsabschlag in Höhe von 1657,48 Euro. Das wohnortnahe Krankenhaus berechnete für die eigene stationäre Behandlung des Versicherten 2806,57 Euro.

Die Krankenkasse zahlte zwar die Rechnung der Uniklinik, lies den Fall aber durch den Medizinischen Dienst prüfen und kürzte im Nachgang an das Verfahren eine andere Rechnung der Klinik um 1147,76 Euro. Das Argument: Der Herzinfarktpatient hätte bis zur Entlassung in der Uni-Klinik weiterbehandelt werden können und müssen. Dann nämlich hätte die Kasse für die stationäre Behandlung in den beiden Krankenhäusern 1147,76 Euro weniger zahlen müssen. Für diesen Schaden müsse nun das verlegende Krankenhaus aufkommen.

Neue Unsicherheiten für Kliniken

Ob im konkreten Fall eine Schadensersatzanspruch der Krankenkasse gegen das Universitätsklinikum tatsächlich besteht, hat das BSG zwar nicht endgültig entschieden, sondern den Fall zurück ans Landessozialgericht verweisen. Das ein solcher Anspruch denkbar ist, steht nun aber fest. Damit zeichnen sich nach der Entscheidung des BSG neue Probleme für Kliniken ab. Dies gilt umso mehr, als dem sozialrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot durch den in § 3 der Fallpauschalenvereinbarung 2017 geregelten Verlegungsabschlag eigentlich ausreichend Rechnung getragen wird, und zusätzliche finanzielle Einbußen eigentlich ausgeschlossen sein sollten.