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Vertragsrecht

Es gibt viele gute Gründe, warum gesetzlich Krankenversicherte eine Zusatzpolice fürs Krankenhaus abschließen. Einige wird der Komfort eines Ein- oder Zweibett-Zimmer locken. Für die meisten aber dürfte das Hauptaugenmerk auf einer optimalen Versorgung liegen – und der sogenannten Chefarztbehandlung.

Dieser Begriff, der inzwischen Eingang in die Umgangsspreche gefunden hat, ist allerdings missverständlich. Klarer ist der Fachbegriff der „Wahlarztabrede“. Denn die Stellung als Wahlarzt ist nicht unbedingt an die Position des Chefarztes oder auch nur an das Liquidationsrecht geknüpft (§17 KHEntgG).  Angesichts der begrenzen Planbarkeit eines Operations-Tages werden viele Privat- Patienten daher – zulässigerweise – von einem ständigen Vertreter des Chefs versorgt werden müssen.

Das allerdings scheint noch nicht bei jedem der Betroffenen angekommen zu sein, wie ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden belegt.

Patienten haben keinen Anspruch auf Informationen in Echtzeit Im konkreten Fall hatte sich ein Mann am Vormittag des 31.8.2020 im Krankenhaus vorgestellt, in dem er am Folgetag operiert werde sollte.  Bei seiner Aufnahme wies er darauf hin, dass er vom Chef persönlich operiert werden wolle. Im Anschluss unterschrieb er eine entsprechende Wahlleistungsvereinbarung.

Zu diesem Zeitpunkt war in der Verwaltung allerdings bereits bekannt, dass der Chefarzt am kommenden Tag, dem Operationstag, verhindert sein würde. Dennoch erfuhr der Mann erst in seinem Zimmer, dass der Chefarzt am Tag der Operation nicht im Haus sein würde. Aus diesem Grund übergab ihm ein Klinikmitarbeiter ein Formular, auf dem der Patient wählen, ob er von dessen Stellvertreter oder einem anderen Klinikarzt behandelt werden wollte – oder ob den Eingriff Operation abgesagt beziehungsweise anders terminiert werden sollte.

Der Patient entschied sich für die Operation durch den Stellvertreter und unterzeichnete das Formular.

Wahlleistungsvereinbarung nicht unwirksam, wenn Wunscharzt nicht zur Verfügung steht

Wunschgemäß führte am nächsten Tag denn auch der Stellvertreter des Chefarztes die Operation aus. Die Klinik rechnete den Eingriff als „Wahlarztbehandlung Chefarzt“ ab und stellte dem Patienten dafür rund 7.500 Euro in Rechnung. 

Diese Summe wollte der Mann jedoch nicht bezahlen. Sein Argument: Die Wahlleistungsvereinbarung mit der Klinik sei unwirksam, weil die Verhinderung des Wahlarztes bereits bekannt war, als der den (ursprünglichen) Vertrag unterschrieben habe.

Dass er erst Stunden nach dem ersten Kontakt mit einem Klinikmitarbeiter über die tatsächlichen Gegebenheiten informiert worden sei, verstoße gegen die ärztliche Aufklärungspflicht.

Patienten haben keinen Anspruch auf eine Information in Echtzeit

Die Klinik klagte das Geld jedoch erfolgreich ein. Das OLG Dresden entschied, dass eine unverzügliche Aufklärung über die Verhinderung des Chefarztes nicht nötig sind ist, wenn ein Patient, wie im vorliegenden Fall, in der Zeit zwischen der Unterzeichnung der Wahlleistungsvereinbarung und der Stellvertretervereinbarung nicht ärztlich behandelt wird (OLG Dresden, Az. 4 U 1004/24). 

Zudem betonte der Senat, dass die Informationspflichten vor Abschluss einer Stellvertretervereinbarung wegen Verhinderung eines Wahlarztes nicht den strengen Anforderungen an eine medizinische Aufklärung entsprechen.

 

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